Donnerstag, 11. Juli 2013

"Nimm 5" auf Sat1 Gold am 11.07.2013 - Hinter den Kulissen

Ei, was haben wir denn da feines?!
Die Philosophie, die Matthias Gfrörer in der Gutsküche umsetzt, sprach mich sofort an: Frische, saisonale, hochwertige Zutaten. Vieles kommt direkt vom Gut Wulksfelde, und was es dort nicht gibt, kommt aus nachhaltigem Anbau.

Insofern war ich schnell zu schanghaien für die Sendung "Nimm 5". Ich bin ohnehin eine Rampensau, und mein Zögern lag nur daran, dass ich versuchte, seriös zu werden. Zum Glück war dieser Anfall nach knapp sechs Wochen vorbei.

Das Konzept der Sendung ist schnell erklärt: Eine Hausfrau sucht fünf Zutaten aus, geht mit denen zum Profikoch, der total überrascht über die Auswahl ist, und beide kochen je ein Gericht. Am Ende entscheidet eine absolut unparteiische Jury, welches Gericht besser schmeckt.

Ein Teil der Kochbuchsammlung im Lokal.
Die Sendung dauert fünf bis zehn Minuten. Die Dreharbeiten dauern einen Tag - plus der Arbeit des Redaktionsteams hinter den Kulissen, die, gemessen an den Uhrzeiten der eMails, die ich bekam, gelegentlich bis spät in die Nacht geht.

Gfrörer opfert seinen freien Tag für die Dreharbeiten, die ihm sichtlich Spaß machen. Da lobe ich mir doch meinen ruhigen Bürojob, der mir Zeit für allerlei Blödsinn lässt.

Als klar war, dass ich mit Gfrörer kochen würde, war mir auch schnell klar, was ich zubereiten möchte: Matjes! Matjes hat jetzt Saison und ist unwahrscheinlich vielfältig.

Von Anfang an wusste ich, dass ich den Matjes einmal als Tatar servieren möchte und einmal angebraten, also warm, weil diese Zubereitung noch weitgehend unbekannt ist. Und verschiedene Texturen auf dem Teller finde ich auch schön. Außerdem wollte ich was kochen, das ich kann, also nichts Neues ausprobieren. Ich bin schließlich eine Hausfrau, kein verhinderter Sternekoch.

Ursprünglich wollte ich den Matjes mit Spargel und Erdbeeren kombinieren, weil die Ausstrahlung kurz vor Ende der Spargelsaison erfolgen sollte.

Dann aber hieß es: "Ausstrahlung Ende Juni / Anfang Juli. Und Spargel hatten wir gerade erst. Und Erdbeeren auch. Wie wär's denn mit Rhabarber?"

Frische Kräuter sind überall in der Küche zu finden.
Öhm ...

Okay, also Matjes mit sommerlichem Gedöns, aber ... Moment! Rhabarber hat nach Johanni, also nachdem 24. Juni, keine Saison mehr, genau wie Spargel. 

Nee, also Rhabarber will ich nicht.

Also, ich bin ja toootaaal unkompliziert und nienich zickig, aber Rhabarber?

Nach Johanni?

Nee, also wirklich.

Mango oder Melone wäre hübsch, ist aber nicht regional (wobei ich später erfuhr, dass für Gfrörer Nachhaltigkeit vor Regionalität geht, insofern wären Mango oder Melone okay gewesen. Oder anders: Ich zerbrach mir seinen Kopf. Mir den Kopf anderer zerbrechen kann ich gut).

Kunst in der Küche.
Tomate? Matjes und Tomate? Ich weiß ja nicht.

Rote Bete, okay, aber Rote Bete ist für mich immer noch eher ein Wintergemüse.

Apfel und Zwiebel? Nö, das schreit nach Matjes Hausfrauenart.

Also, nichts gegen Matjes Hausfrauenart, esse ich gerne, wirklich, aber ich hatte mir drei Dinge vorgenommen:
  1. Keine Hausfrauenküche
  2. Mich nicht total blamieren (also, so'n büschen Blamage is' ja okay, aber eben nicht total)
  3. Mit allen zehn Fingern wieder aus der Küche kommen.
Also, Matjes Hausfrauenart scheidet aus. 

Aber stopp! Da war doch noch dieser Gurkenshooter, den ich schon ewig mal machen wollte. Matjes und Gurke passt. Kurz hatte ich überlegt, Geeiste Gurkensuppe mit angebratenem Matjes zu machen, aber mir gefiel nicht, dass der Matjes da so unmotiviert auf dem Teller liegt. Und aufgespießt über der Suppe schwebend sieht er auch nicht schön aus. Ebenfalls eine Überlegung wert waren Gurken- oder Matjeseis, Gurkengelee oder -sorbet, Matjesfrikadelle ... 

Nervennahrung: Schokoladenpudding mit weißer Schokolade.
Dann aber fehlte mir die Zeit, solcherlei Gedöns auszuprobieren (unerklärlicherweise besteht mein Chef darauf, dass ich gelegentlich dann doch mal arbeite). Außerdem ist es nur mäßig spannend, Gelee beim Gelieren zuzusehen, und Gelatine und ich können nur selten miteinander.

Das Eis scheiterte daran, dass Gfrörer womöglich - Gott bewahre! - Profigerätschaften hat, mit denen ich nicht umgehen kann. Ich wusste, ich würde schon genug damit zu tun haben, mich in einer fremden Küche zurecht zu finden, grundverpeiltes Frettchen, das ich bin. Da will ich mich nicht auch noch mit fremden Gerät auseinandersetzen.

Okay, entscheide ich mich also für Matjes, Gurke, Joghurt. Minze und Gin (wenn das Essen nicht schmeckt, kann es sich die Jury notfalls leckertrinken) und schaue mal, was ich daraus mache. Ändern kann ich das Gericht noch, notfalls bis kurz vor der Sendung, weswegen ich auf meine eigene Einkaufsliste auch Pumpernickel setzte - zum Panieren des Matjes oder um den Tatar darauf anzurichten.

In der Küche.
Kurze Zeit später kommt ein Anruf: "Da fehlt eine Sättigungsbeilage!" - "Hä?" - "Wollen Sie nicht noch ein, zwei Zutaten ersetzen und beispielsweise Kartoffeln dazu nehmen?" - "Öhm, nö?" - "Wie wär's denn mit einem Rösti?" - "Rösti kann ich nicht."

Doch, doch, ich bin nienich zickig.

Echt.

Außer, es geht nicht anders.

Bis dahin hatte ich die Hoffnung, ich komme um den Rösti, zu dem mich meine virtuelle Kochgruppe auch schon überreden wollte, als ich von meinem Vorhaben erzähle, herum. Ich kann nämlich echt keine Rösti. Und Zeit, die zu probieren, hatte ich auch nicht. Aber anscheinend führt kein Weg an den Rösti vorbei.

Gut, der Gin!
Also Rösti.

Schiete secht Fiete.

In der Zutatenliste ersetzen wir den Gin kurzerhand durch Kartoffeln. Ist ja irgendwie kein so großer Unterschied. Gleichzeitig wurde mir mitgeteilt, Gin sei ohnehin in der Küche. Prima. Ich mag Küchen, in denen Gin ist. Und mit dem Pumpernickel fange ich jetzt gar nicht mehr an.

Am Tag vor der Aufzeichnung kam ich dann doch noch dazu, das Gericht einmal zuzubereiten, was ganz gut war, denn der Shooter nur aus dem Gurkeninneren entpuppte sich als sehr geschmacklos (was nicht nur daran lag, dass im meine Küche gerade unerwartet Ginleere herrschte - der Gin war im Winter mit Schlehen angesetzt und seitdem nicht ersetzt worden ...).

Außerdem wollte ich wissen, ob das Tatar im Ring angerichtet standfest ist. Den Rösti versemmelte ich, wie nicht anders zu erwarten. In der Hinterhand hatte ich notfalls gefüllte Kartoffeln, Kartoffelwürfel aus dem Ofen, Kapü oder Bratkartoffeln.

Blick auf die Küchentheke.
Langsam wurde ich nervös. Es ging zwar um nichts, außer darum, alle zehn Finger zu behalten, aber trotzdem. Du weißt: Eigentlich wollte ich ja nur mit Sachen in Fernsehen, die ich kann. Also eben ganz sicher nicht mit Kochen.

Hinzukommt, dass ich rechtzeitig zur Aufzeichnung eine Pickelinvasion bekam. Mein Hals sah aus, als wäre ich in Stacheldraht gelaufen. Ideales Outfit: Rollkragenpulli und Tüte überm Kopf. Lakonischer Kommentar von Mudderns: "Tüte überm Kopf is' gut, kannste gleich Werbung drauf machen."

Ich entscheide mich dann schließlich für ein Halstuch. Das wird zwar sehr schnell warm, aber ich hoffe, der größte Teil der Pickel (und ein paar meiner Kinne) bleibt verborgen.  Und Tante, die mir das Halstuch schenkte, freut sich sicher, es im Färnsähn zu sehen.

Mit Matthias Gfrörer und dem TV-Team in der Küche.
Außerdem habe ich nicht die Haare schön. Ich schaffte es nicht mehr zum Friseur. Zum Glück muss ich mich nicht sehen, sondern die anderen.

Tja, und jetzt stehe ich auf einem staubigen Parkplatz vor dem Restaurant und übe zehn Meter geh. Das ist gar nicht so leicht. Entweder bin ich zu schnell oder zu langsam, halte den Korb falsch oder habe falsches Licht.

Hätte ich zudem geahnt, dass die Kamera penetrant von rechts kommt, hätte ich den Korb nicht links getragen. Aber egal. Hauptsache, der Korb hält (das tut er nämlich nicht immer, habe ich mir sagen lassen, und er muss einen gefühlten Zentner Kartoffeln aushalten).

Nach gefühlten Stunden habe ich glücklich die Restauranttür erreicht. Jetzt muss ich das Lokal nur noch betreten. Dusseligerweise habe ich eine nicht zu leugnende Körperfülle, die momentan durch einen stattlichen Korb erweitert wird.

Also, normalerweise bin ich nicht so fett, dass ich durch keine Tür passe.

Beim Dreh in der Gütsküche.
Aber direkt hinter dieser Tür ist ein schönes Arrangement aus Milchkannen, Zweigen und Gedöns, vor dem der Korb und ich scharf links abbiegen müssen, ohne irgendwas umzurennen (und das, wo ich durch das dusselige Burn Out gerne mal was umrenne).

Dabei muss ich gleichzeitig noch die Tür nach außen aufmachen, darf weder über Blumenkübel, Licht, Ton oder Kamera samt dazugehörender Mann- und Frauschaft stolpern und soll ganz natürlich sein.

Irgendwann sind der Korb und ich dann glücklich im Lokal.

Uff! Geschafft! Also, ich wäre jetzt fertig. Ich geh' dann jetzt, ja? Ach nee, ich soll ja noch kochen ...

Jetzt könnte es dann meinswegen auch endlich mit dem Kochen losgehen. Aber nein, erst mal müssen noch die Zutaten aus allen möglichen Perspektiven gedreht werden. Dann begrüßen Matthias Gfrörer und ich uns ausgiebig - mehrfach. Und die Minze kommt plötzlich aus meinem heimischen Hochbeet. Fehlt nur noch, dass der Matjes im Gartenteich schwimmt und heute Morgen frisch von mir geangelt wurde. Frisch ist er jedenfalls, der Matjes - so frisch, dass er mir irgendwann aus dem Einwickelpapier flutscht und durch die Gegend hüpft.

Immer im Fokus: Das Essen.
Dann komme ich doch noch in die Küche, bekomme eine Schürze umgehängt, die sich mit der Farbe meines Shirts beißt, und kurz gezeigt, was wo ist. Trotzdem suche ich ständig irgendwas. Mir fehlt ein Handtuch (normalerweise habe in der Küche immer eines über der linken Schulter), mir fehlen Schälchen für das mise en place, die Messer sind mir zu winzig (Gfrörer sorgt für ein größeres), der Herd ist ungewohnt (wie gut, dass ich nur Kartoffeln kochen muss), ich bekomme den Thermomix nicht zusammengebaut (was gäbe ich für einen simplen Pürierstab), ich suche einen Lappen (unterm Herd wäre ein Eimer samt Lappen gewesen)... Irgendwas ist immer. Aber wie schon gesagt: Ich bin ja so was von tooootaaaal unkompliziert.

Der Kameramann hat wenig Freude an mir, denn ich flüchte immer aus dem Bild. Ich hab's ja selbst beim Canon-Event geschafft, nicht auf's Bild zu kommen, und da war deutlich mehr als eine Kamera. Und natürlich müssen zwischendrin Fragen beantwortet werden, muss erklärt werden, was wir da gerade machen. Ich mach's wie im Radio: Hirn abschalten und einfach drauf los plappern. Wird sich schon versenden.

Zuerst muss nur ein Teller zubereitet und angerichtet werden. Ich bin überfordert mit dem Kartoffelpellen. Die Dinger sind so winzig. Zu Hause hätte ich sie einfach mit Schale angebraten, faule Hausfrau, die ich bin. Und mir fehlt was für die Schalen. Umdrehen und über dem Abfall pellen geht nicht, denn das ist außerhalb der Kamerareichweite. Also pelle ich auf einem Krepppapier, auch wenn's bescheuert aussieht.

Okay, der Teller ist fertig. Ich auch. Während ich schlapp auf einen der Stühle sinke und am Evian nuckle, werden unsere Teller begutachtet und aus allen möglichen Perspektiven beleuchtet und gefilmt. Wenn ich bislang dachte, manche Foodblogger machen einen Aufstand um ihre Fotos: Hier werde ich eines Besseren belehrt. Wie gut, dass mein Essen eh' nicht heiß serviert werden soll. Wäre ich Teller, ich fühlte mich wie die Dietrich: Zu Tode fotografiert.

Wie lassen sich beide Gerichte am Besten in Szene setzen?
Energiebündel Gfrörer springt überall herum, zaubert Pudding und Mispelkuchen auf den Tisch, damit wir auch ja nicht unterzuckern. Ich möchte irgendwie gerade nur noch schlafen - blödes Burn Out, blödes. Kann mich bitte jemand wecken, wenn's weitergeht?! Und wieso habe ich eigentlich nie Zigaretten dabei, wenn ich eine bräuchte?!

Schließlich sind unsere drei Gäste da, können die Teller für sie zubereitet und angerichtet werden. Dabei geht mir auf: Es wäre ganz praktisch gewesen, hätte ich den Gurkenshooter und das Tatar kaltgestellt. Zu spät. Da müssen wir jetzt durch.

Was die Jury über das Essen sagte - keine Ahnung. Das ging an mir vorbei. Ich bekam nur mit, dass nicht wusste, wie sie den Shooter essen sollte. Nich' lang schnacken, Kopf in' Nacken war anscheinend nicht telegen. Also suchte und fand ich hinter der Bar Strohhalme, schnitt die zurecht und stolperte dem Kameramann ins Bild, um die Strohhalme in die Gläser zu stecken. Wer auch immer den Beitrag schneidet, wird viel Freude an mir haben ...

Mispelkuchen als Nervennahrung.
Nachdem die Jury ihr Urteil fällte, stoßen Gfrörer und ich mit einem Rest Gurkenshooter an. Dabei geht mir auf: Ich hätte den kalt stellen sollen. Die arme Jury musste sich also durch warmen Shooter und warmes Tatar quälen. Dafür war der Matjes auch warm, aber das sollte so.

Zu guter Letzt werden dann noch Szenen in der Küche nachgedreht, denn bei der Zubereitung des ersten Tellers ließ das Team uns in Ruhe kochen, musste nichts wiederholt werden oder so. Das ändert sich jetzt.

Nachdem ich alle Gurken schnibbelte, die dabei aus allen Winkeln abgedreht wurden und irgendwas immer noch nicht stimmte, befürchtete ich, ich müsse die Gurken zusammenkleben und noch mal von vorne anfangen ... Dialoge wurden wiederholt, Fragen noch mal neu beantwortet ...

Irgendwann war dann auch das geschafft.

Ganz klar die Handschrift des Profis: Matjes-Gurken-Rollen,
Gurkensalat mit Joghurt-Minz-Dip und Kartoffelchips.
Während ich schlapp auf eines der Sitzmöbel sinke, klart Gfrörer die Küche auf, räumt das Team seine Ausstattung zusammen. Das Team muss übrigens noch am gleichen Tag nach Berlin zurück, reiste erst am Morgen an. Tapfer!

Fazit: Das war ein Tag, der großen Spaß machte! Falls Du auch mal im Fäärnsäähn kommen möchtest, vertraue Dich ruhig diesem Team an.

Herzlichen Dank an Matthias Gfrörer, Claudia Brause und ihrer Crew sowie Kitchennerds für die fotografische Begleitung am Nachmittag!

Morgen gibt es dann an dieser Stelle meine Rezepte und den Link zur Sendung. .

4 Kommentare:

  1. Hört sich nach anstrengedem Spaß an :-) Und ich fand, Du hast Dich gut verkauft und gegessen hätte ich Deins auch sofort! :-)

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  2. Danke Dir! Die haben das wirklich nett geschnitten, finde ich.

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  3. Du schreibst sehr lustig, vielen Dank dafür. Und ich kann mir richtig gut vorstellen, wie das abgelaufen ist. Tatsächlich ein ganzer Drehtag für den leider viel zu kurzen Beitrag? Ich hätte gerne mehr gesehen *g* - Aber unsicher wirkst du überhaupt nicht, im Gegenteil. Deshalb ist es überraschend, hier nachzulesen, wie du es erlebst hast.

    Und der nächste Matjes wird gebraten!

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    1. Danke, Turi! Ja, tatsächlich ein ganzer Drehtag, ist aber normal, trotz der Kürze des Beitrags. Ich hatte erst einmal ein Team, dass einen 8-Minuten-Beitrag mit 2 Drehstunden schaffte, und da musste ich nicht kochen. Und ja, nach außen wirke ich meistens ruhig, Nervosität sieht man mir selten an.

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