Seiten

Montag, 15. Februar 2010

Die Spiegel-Kantine

www ist in diesen Wochen das Motto: Weiße Winter- Wochen. Weiß, Weiß, nichts als Weiß, wohin frau auch schaut: Weiß wie der Schnee lautet der aktuelle Blog-Event bei 1 x Umrühren bitte, was uns einen weißen Blog-Winter beschert; weiß und glatt ist es seit Mitte Dezember dank ausbleibendem Winterdienst auf Hamburgs Straßen, und nicht nur Petra von Chili und Ciabata seufzt, dass sie endlich mal wieder Grün sehen möchte.

Hohe Zeit für eine Farbinfusion.

Mit Grün kann ich nicht dienen, aber mit Rot.

Ganz viel Rot.
Und Orange.
Orange mit Rot und Rosa.
Orange mit Braun.
Und ein ganz klein wenig Lila.
Halt, hier ist dann doch ein bisschen Grün zu sehen.Jedes Mal, wenn ich einen Blick durch die Fenster der Kantine im Hochhaus der Spiegel-Verlagsgruppe an der Brandstwiete in der Hamburger Innenstadt werfe, bekomme ich gute Laune angesichts des trendigen Designs der Swinging Sixties (und wer mich kennt, weiß, Rot ist meine Lieblingsfarbe ;o)). Einen Grund, die Kantine auch mal von innen zu sehen, gab es aber lange nicht.

Bis zum letzten November.

Da wurde in der Spiegel-Kantine unser zweites Buch präsentiert: Skandinavien in Hamburg – und nein, es enthält keine Rezepte. Ich kann ab und an auch über andere Dinge als übers Kochen und Essen schreiben ;o)

Das Gebäudeinnere ist vom dänischen Designer Verner Panton gestaltet worden, also ein perfekter Ort für unsere Buchpräsentation. Panton soll den Räumen 1969 eine Note verleihen, die auch nach 30 Jahren noch Bestand habe – das gelingt: Bis heute ist das Spiegelhochhaus eines der bedeutendsten innenarchitektonischen Werke Pantons und eines der wenigen, das zumindest in Teilen erhalten ist. Panton gestaltet zwar 1973 auch den Neubau des Gruner & Jahr-Verlagshauses, aber mit dem Umzug des Verlagshauses von Pöseldorf an den Baumwall 1990 ändert sich auch die Inneneinrichtung. Im Gebäude in Pöseldorf sind lediglich noch zwei grüne Türen sowie die Decke im Empfangsbereich im Erdgeschoss erhalten.

Wichtigstes Gestaltungselement Pantons ist die Farbe, und schon ein kurzer Blick durch die großzügige Fensterfront in die Kantine zeigt, was damit gemeint ist. Hier dominieren Rottöne, zum Beispiel die quadratischen Leuchten mit runder, muldenartiger Vertiefung, in der sich eine von einem halbkugelförmigen Schirm bedeckte Glühbirne befindet, oder die Flower Pots (Blumentöpfe) genannten Deckenleuchten.
Panton sieht die Farbe als Kontrapunkt zur nüchternen Fassadengestaltung des Architekten Werner Kallmorgen. Ursprünglich ist jede Etage in einer anderen Farbe gestaltet, von Gelb im Erdgeschoss bis Grün in der obersten Büroetage. Wände, Decken, Türen, Fußböden – bis hin zu Aschenbecher und Bleistiftablage hat jede Etage nur eine, ihre eigene Farbe. Nachts, wenn die Türen zu den fensterlosen Bürofluren offen stehen, sollen Lampen die Flure hell erleuchten: Nach Pantons Vision solle das Gebäude dann wie ein Regenbogen über der dunklen, schlafenden Stadt erscheinen. Schade, davon scheinen keine Fotos zu existieren.

So faszinierend ich Pantons Idee auch finde, ich wäre vermutlich irre geworden. Und so wundert es mich auch nicht, dass die Vision von Anfang an umstritten ist. Etage um Etage verabschiedet sich der Verlag vom ursprünglichen Raumkonzept, lässt die Räume weißeln, und so findet sich Pantons Design nur noch in Teilen im Spiegelhochhaus wieder. Nur die Kantine ist der einzige Raum, der heute noch im Original-Panton-Stil erhalten ist – inklusive der Kleidung der Kellnerinnen in der Kantine, die bis heute schwarze Kleider im Stile der sechziger Jahre mit weißen Schürzen tragen.
Hartnäckig hält sich das Gerücht, die Kantine samt Kellnerinnen-Kleidung stehe unter Denkmalschutz. Dem ist leider nicht so. Und so begann ich, um die Kantine zu trauern, als klar wurde, dass die Verlagsgruppe auf die Ericusspitze in der Hafencity ziehen wird.
Umso mehr freute ich mich bei der Buchpräsentation über die Nachricht, dass die Spiegel-Kantine zumindest ein klein wenig erhalten bleibt: Sie zieht mit um in die Hafencity. Tische und Stühle werden restauriert und weiterhin genutzt, Wand- und Deckenverkleidung werden als eine Art Installation die Wände der neuen Kantine schmücken, und auch für die Lampen wird sich ein Platz finden.

Was mir noch fehlt, ist, in der Kantine zu essen. Ich weiß, dass der Küchenchef ausgesprochen charmant ist, aber gekocht hat er bei der Buchpräsentation nicht für uns, da es außer Tuborg und Carlsberg nur Wein und Convenience-Laugengebäck gab. Mal schauen, wann sich dazu die Gelegenheit ergibt. Ich kann warten ;o)
Das Buch Skandinavien in Hamburg, aus dem Teile dieses Textes entnommen wurden, ist 2009 im Ellert & Richter Verlag Hamburg erschienen und unter der ISBN-Nummer 978-3-8319-0372-6 für 19,95 Euro im guten Buchhandel erhältlich. Bei Spurensuchen gibt’s die Stadtführung zum Buch: „Die Wikinger kommen – Skandinavien in Hamburg“. Nächster Termin: Sonnabend, 13. März, 15 Uhr, ab Landungsbrücken / Brücke 1 (Teilnehmerbeitrag 10 Euro / Person).

4 Kommentare:

  1. Let the sunshine, let the sunshine in, the suhunshine iiiin!

    AntwortenLöschen
  2. Dein Gesang wurde erhört: Seit drei Tagen lässt sich hier endlich wieder die Sonne blicken *strahl*

    AntwortenLöschen
  3. Tja, hm, ich kenne sie natürlich gut die Spiegel-Kantine. Und deshalb fehlen mir auch ein paar Bilder von dem leckeren Essen dort!

    AntwortenLöschen
  4. Na, dann freuen wir uns doch auf den Blogbeitrag mit den Bildern vom lecker Essen ...

    AntwortenLöschen

Ein Kommentar, wie schön! Ich bemühe mich, alle Kommentare zu beantworten. Allerdings kann das manchmal etwas dauern - das Leben neben dem Blog, Du verstehst. Wenn Du Dich durch eine Sicherheitsabfrage quälen musst oder der Kommentar erst moderiert wird, heißt das, dass es gerade viele Spamkommentare gibt. Last but not least: Ich behalte mir vor, einzelne Kommentare zu löschen.