Das
Café Schmidt lernte ich durch den Gatten kennen. Immer, wenn es besonderer Kuchen für einen besonderen Anlass sein soll, fährt er zum Beseler Platz, wo das Stammhaus ist. Im Café selbst konditorten wir noch nie. Warum auch? Wir wohnen keine Viertelstunde entfernt.
Inzwischen hat das Café Schmidt zwei Filialen, und in der Ottensener traf ich mich auf einem Sonntag Nachmittag mit
terschies. Zum Konditorn. Zur Kuchenschlacht. So richtig à la "Aber bitte mit Sahne". Nur ohne Udo Jürgens. Das war zumindest der Plan. In einem Punkt ging er auch auf, der Plan: Udo Jürgens blieb weg.
13.40 Uhr: Ich habe schon vor Stunden für einen Sonntag ungewöhnlich spartanisch gefrühstückt und verabschiede jetzt mich vom Gatten. Der fragt: "Was isst Du denn heute Abend?" - "Nichts, ich geh' doch konditorn." - "Viel Spaß! Is' abba auch noch
Blumkohlcurry da."
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Zitronentörtchen (hinten) und Mallorquinisches
Mandeltörtchen. |
13.45 Uhr: Ich sitze im Bus und smse terschies, dass ich 15 Minuten später komme.
14.00 Uhr: terschies trifft im Café ein und fragt mich per SMS, ob ich lieber drinnen oder draußen sitzen möchte. Mit Blick in den Bahrenfelder Himmel entscheide ich: Drinnen.
14.16 Uhr: Ich treffe im Café ein. terschies ist drinnen der einzige Gast und sitzt vor einem Becher Earl Grey-Tee. So einen hätte ich auch gerne. "Ist hier Selbstbedienung?" frage ich terschies, die verneint. Draußen sind fast alle der etwa zehn Tische besetzt. Das Servicepersonal flitzt öfter an uns vorbei, ignoriert aber alle unsere Bestellversuche.
14.30 Uhr: An der Kuchentheke ist's leer. Wir schlendern hin und suchen uns aus, was wir haben wollen. Wir wollen klein anfangen. Erstmal jede zwei von den kleinen Törtchen, unterschiedliche, klar, damit wir gegenseitig probieren können, und dann mal weitersehen. Die Lübecker Marzipantorte sieht gut aus. Der Apfelkuchen auch. Oder der Rhabarber-Baiser. Und Death by Chocolate erst. Die Bestellung scheitert daran, dass wir den Kuchen nicht mitnehmen, sondern im Lokal essen möchten. Die Dame hinterm Tresen meint, es käme gleich jemand, um unsere Bestellung aufzunehmen.
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Blick ins Café Schmidt in Ottensen. |
14.40 Uhr: Die Dame hinterm Tresen ruft ins Lokal: "Kann mal jemand draußen Service machen?" Ich verkneife mir zurückzurufen: "Service drinnen wäre auch nicht schlecht!" Ein weiterer Gast nimmt drinnen Platz. Er bekommt Kaffee. Immerhin. Wir werden noch immer übersehen und überhört.
14.45 Uhr: terschies' Tee ist schon länger alle. Draußen ein Wolkenbruch. Wer da sitzt, flüchtet nach drinnen. Wie aus dem Nichts erscheinen gleich drei Servicekräfte, um draußen Tische und Stühle zusammen- und leere Tische abzuräumen. terschies überlegt, ob wir vielleicht irgendein Schild mit der Aufschrift "Hier können Familien Kaffee kochen" übersehen haben. Vielleicht muss man sich hier Kaffee und Kuchen selbst mitbringen, ist der Kuchen in der Vitrine nur zum Außer-Haus-Verkauf?
15.00 Uhr: Ein Kellner bedient am Nebentisch. Wir sagen: "Wir möchten auch bestellen, bitte!" Antwort: "Geduld! Geht gleich los."
15.15 Uhr: Die Wolke bricht noch immer. Wir sitzen warm und trocken - buchstäblich, denn wir können noch immer nichts bestellen. Ich nehme Pfefferminz aus der Handtasche, denn meine Kehle ist trocken vom Klönen. Warum habe ich auch kein Evian dabei? So was passiert mir doch sonst nicht! Aber ich war der naiven Ansicht, in einem Café gäbe es was zu trinken. Hm, vielleicht sollte ich terschies leere Tasse einfach aus dem Fenster halten? Draußen kommt ja genug Wasser runter. Wir beschließen, den Regen abzuwarten und auch sonst mal zu schauen, was noch so passiert.
15.45 Uhr: Am Nebentisch haben die Gäste inzwischen gewechselt. Wieder kommt der Kellner. Wieder bitten wir darum, unsere Bestellung aufgeben zu dürfen. Und - oh, Wunder! - er hat diesmal ein Ohr für uns! Wir dürfen bestellen!
15.50 Uhr: Vor uns stehen zwei Becher Tee und vier kleine Törtchen. Mir wird ob des Tempos schwindelig. Ich hatte fest damit gerechnet, dass er sich nicht merken kann, was wir wollen, dass die Bestellung vergessen wird, aber es gibt tatsächlich noch Tee und Kuchen für uns. Wo ist die Kamera? Das muss festgehalten werden!
16.45 Uhr: Die Törtchen sind gegessen. Der Tee ist getrunken. Alle Versuche, in der letzten halben Stunde noch etwas zu bestellen, scheiterten (nicht, dass wir noch ernsthaft mit etwas anderem gerechnet hätten), als uns eine Kellnerin aufschreckt: "Darf's hier noch was sein?" Ja, die Rechnung. Eigentlich hätten wir gerne noch mehr Kuchen gegessen, Tee getrunken, aber wir haben noch was vor. Und wer weiß, wie lange es dauert, bis die Rechnung kommt.
16.50 Uhr: Die Rechnung ist bezahlt. Wow, das ging schnell. Andererseits: In einer Stunde ist schon Feierabend, da kann man mal schnell machen.
17.35 Uhr: Ich bin wieder zu Hause und erwische noch den Gatten, der gerade gehen will. "Na, hast Du ordentlich geschlemmt?" fragt er und blickt entsetzt auf das Käsebrot, das ich mir quasi noch in der Haustüre schmiere und das
Blumenkohlcurry, das ich in die Mikrowelle schiebe. Wenn der wüßte ...
Okay, wir haben uns auch getroffen, weil wir uns mal wieder in aller Ruhe unterhalten wollten. Und das konnten wir. Insofern war's ein gelungener Café-Besuch. Und unfreiwillig kalorienarm war er auch.