Als ich im Nahen Osten arbeitete, aß ich meistens in Restaurants oder Kibbuz-Mensen, gelegentlich privat, selten kochte ich selbst. Normalerweise war mein Tagesablauf durchgetaktet. Nur mittags oder an seltenen freien Tagen musste ich mir Gedanken machen, wo ich esse. Da ich meistens neben einer Reisegruppe auch einen lokalen Kollegen samt Busfahrer dabei hatte, bat ich die Kollegen, mit uns dort essen zu gehen, wohin sie auch mit ihrer Familie gingen, wenn sie gut essen wollten.
Bei dieser Überlegung war ich ganz egoistisch: Ich wollte gut essen und die jeweilige Landesküche samt typischen Spezialitäten kennenlernen. Ich war vor nichts fies und probierte alles, was meine einheimischen Kollegen auch aßen. Und ich lernte, dass die besten Köche einen guten Bauch haben. Bis heute irritieren mich schlanke, durchtrainierte Köche.
Meine Gäste wussten meine Suche nach guter Küche nicht immer zu schätzen, denn gelegentlich kamen wir in Lokale, die nicht unbedingt europäischen Maßstäben für Ambiente, Sanitärausstattung und Hygiene genügten, aber das Essen war immer sehr gut (auch wenn manche meiner Gäste lieber – typisch deutsch – Fleisch, Kartoffeln, Gemüse und Sauce gehabt hätten – und zwar um Punkt 12 Uhr, selbst mitten in der Wüste).
Schlecht aß ich nur in Israel, wenn jüdische Kollegen darauf bestanden, zu touristischen Busgruppen-Massenabfütterungsanlagen zu fahren und ich gezwungenermaßen nachgab, um sie bei Laune zu halten, weil mir ein anderer Programmpunkt, den sie nicht machen wollten, wichtiger war … In der Zeit lernte ich, mich durchzusetzen, Kompromisse zu schließen – und den arabischen Busfahrer zu bitten, mir was Ordentliches zu essen zu besorgen, von dort, wo er sich auch selbst verpflegt, wenn seine Frau ihm nichts zu essen mit gab.
Als ich „Chef Ramzis Arabisches Kochbuch“ aus dem Olms-Verlag in den Händen hielt, quietschte ich vor Freude, denn viele kulinarische Erinnerungen wurden wieder wach. Dabei muss ich zugeben, dass ich Chef Ramzi nicht kannte. Bevor ich mich bei Blogg dein Buch um ein Rezensionsexemplar bewarb, googlete ich kurz und dachte mir, das wird schon passen. Nach kurzer Lektüre war ich von dem Buch begeistert. Wenn Du ein Kochbuch für die Grundlagen der arabischen Küche suchst, ist dieses Buch eine gute Wahl!
Ramzi Choueiri (oder Choueiry bzw. Shwayri) ist der wohl berühmteste Fernsehkoch des Nahen und Mittleren Ostens. Seine 1994 gestartete Kochsendung im libanesischen Fernsehen erreicht inzwischen etwa zehn Millionen Menschen – täglich. Über Satellit schauen sie in der ganzen Welt zu oder rufen an und werden live ins Studio geschaltet. 1971 in Beirut geboren, emigrierte er im Alter von fünf Jahren im libanesischen Bürgerkrieg mit seiner Mutter und seinen Geschwistern nach Lyon in Frankreich. Nach einem Jahr kamen sie zurück, mussten noch dreimal fliehen, so dass Choueiri schließlich in Lyon studierte – Wirtschaft und Recht. Erst später lernte er Kochen in London, Paris und Beirut, teilweise parallel zu seinem Studium.
Zurück im Libanon, übernahm Choueiri die Leitung der Gastronomiefachschule der Al-Kafâat-Stiftung, welche sein Vater gründete. Hier werden mehrere hundert, teilweise behinderte, Jugendliche aus armen libanesischen Familien zu Köchen, Kellnern und Konditoren ausgebildet. Die Schule gilt als die beste ihrer Art im Vorderen Orient. Auch Choueiris Kochbuch erschien mit Hilfe der Stiftung: Alle drei Monate wird dort eine neue Auflage mit 5.000 Exemplaren gedruckt.
„Chef Ramzis Arabisches Kochbuch“ ist das erste Buch von Ramzi Choueiri, das auf Deutsch erscheint. Genau genommen ist es zweisprachig, denn eine Hälfte ist auf Arabisch. Neben Grundlagen und Wegweiser für die libanesische Küche sowie einer Biographie Choueiris, geschrieben von Bo Masser, enthält das Buch Mezzah, Kibbeh, Hauptgerichte, Süßspeisen und Gebäck – nicht nur aus dem Libanon, sondern aus auch aus den Nachbarstaaten.
So brachte mich das Rezept für Mansaf zum vergnügten Quietschen, denn das aß ich sehr oft bei Beduinen in Petra. „Das sieht nicht sehr lecker aus“, meinte der skeptisch dreinblickende Gatte, als ich ihm mitteilte, es gäbe demnächst Lammstelze nach jordanischer Art. „Sei froh, dass du nie die Variante gegessen hast, bei der der Lammkopf auf dem Reisberg thront und am Schluss das Hirn direkt aus dem Kopf gelöffelt wird“, meinte ich, verzückt in Erinnerungen schwelgend.
Der Gatte beschloss, dass wir erstmal klein anfangen: Mit einem Huhn. Besonders gut gefällt mir, dass Choueiri bei Geflügelrezepten immer das ganze Tier verarbeitet. Selbst für Shish Taouk, Grillspieße, wird nicht nur die Brust verwendet, sondern das Fleisch des ganzen Tieres. Darüber, warum es sinnvoller ist, ganze Hühner zu kaufen und zu essen, habe ich mich ja schon gelegentlich ausgelassen.
Das „Arabische Kochbuch“ versammelt eher traditionelle Rezepte, und gerade das gefällt mir außerordentlich gut. Gelegentlich werden in Deutschland nur schwer erhältliche Zutaten durch andere ersetzt, wie Jameed oder Mulukhiya, aber gleichzeitig wird die Originalzutat ebenfalls erwähnt. Ein wenig verwirrend für die, die sich noch nicht mit der arabischen Küche auskennen, kann der Begriff "Fladenbrot" sein, verstehen wir darunter doch meistens Pide, die türkische, dicke Variante. Im Buch ist allerdings die arabische Variante, Chubz, gemeint, die wesentlich dünner ist und sich vielfältig einsetzen läßt, zum Beispiel zum Auspolstern des Topfes, in dem das Mansaf gegart wird.
Illustriert wurde das Buch durch wunderschöne Fotos von Bruno Ehrs, die nicht nur Lust aufs Kochen, sondern auf eine Reise in den Libanon machen. Es ist eine Hommage an den Libanon, an seine Menschen und ihre einzigartige Gastfreundschaft. Choueiri ist der Überzeugung, dass die Liebe zum Essen Menschen einander näher bringen kann. Und das hat der Nahe Osten einmal mehr nötiger denn je.
"Chef Ramzis Arabisches Kochbuch" hat 165 Seiten mit vielen ganzseitigen Fotos, kostet 29,80 Euro und kann direkt beim Verlag gekauft werden.
Mehr über Chef Ramzi gibt es auch im Buch "Kulinarisches Arabien" zu lesen.
das ist lustig,
AntwortenLöschenich hab das Buch letzten Freitag von einem netten Herrn geschenkt bekommen. Hatte aber noch keine Zeit, mich näher damit zu befassen.
Das ist aber ein schönes Geschenk! Viel Spaß damit!
LöschenIch hab diesen Artikel gerade gefunden. Ich habe mir Jameed aus Saudi-Arabien im Tetrapak mitgebracht und frage mich, wenn der Vorrat leer sein sollte, wo ich Nachschub (in Hamburg?) bekommen kann. Gibt es dazu einen Tip?
AntwortenLöschenKeine Ahnung, ich habe es bislang immer ersetzt. Ich denke, am Ehesten findet man es in den "türkischen" Supermärkten in St. Georg, z.B. Lindenbazaar.
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