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Dienstag, 15. Mai 2012

Wider besseres Wissen: Das Kartonschwein

Es gibt so Tage … In unserem Fall war’s 'ne ganze Woche. Sie begann damit, dass die Wasserwerke schnell mal routinemäßig die Wohnungswasserzähler auswechseln wollten. Bei den ersten beiden ging’s auch gut. Beim dritten war ich zufällig auf der anderen Seite der Badezimmertür, als es einen Knall gab, gefolgt von Fluchen und Rauschen. Da flutete es auch schon unter der Tür durch. Praktischerweise bin ich eine katastrophale Hausfrau … Auf der Kommode neben dem Badezimmer lagen ca. acht Garnituren Bettwäsche, die ich wie von Sinnen vor die Tür pfefferte, um die Flut zu stoppen. Als das nicht reichte, wurde der Schmutzwäscheberg abgetragen. Später stellte sich heraus, dass 16 Waschmaschinenfüllungen auf diese Art zustande kamen.

Während ich versuchte, die Flut zu stoppen, kam der HWW-Mitarbeiter über den sich inzwischen gebildeten Wäscheberg aus dem Bad geklettert – pudelnass. Gemeinsam mit dem zum Glück noch anwesenden Gatten sprintete er in den Keller, um den Haupthahn zu schließen. Da dies nicht der erste Wasserschaden in unserer Wohnung war, weiß der Gatte inzwischen sehr gut, wo der Hahn ist. Vom Zisch-Plopp-Spritz-Fluch bis zum Schließen des Haupthahnes dauerte es keine zwei Minuten. Trotzdem standen knapp 20 cm Wasser im Bad und mussten daran gehindert werden, sich Richtung Büro und Wohnung auszubreiten.

Die nächsten Stunden verbrachte ich statt auf der Arbeit mit feiernden Klempnern. HWW-Mitarbeiter und die vom Hauswirt beauftragte Firma stellten nämlich fest: Man kennt sich. Man hatte zusammen gelernt. Man telefonierte die Kollegen herbei. Ich feudelte und kochte Kaffee. Zwischendrin stemmten die Herren Klempner ein schönes Loch in unsere Badezimmerwand. Schwiegermutter wollte die Aufsicht übernehmen, damit ich zur Arbeit kann, musste aber erst ihre Gärtner auf Kurs bringen. Irgendwann war’s so weit, kam sie zu uns, hielt samt kleinem braunen Hundevieh auch die folgenden Tage die Stellung, nahm unaufgefordert die feuchte Wäsche mit, wusch, bügelte, brachte sie schrankfertig zurück … Die Frau ist großartig, wirklich, auch wenn hier gelegentlich ein anderer Eindruck erweckt wird. Nach zwei Wochen und einigen Waschcenterbesuchen (Schwiegermutter sollte ja nicht alles machen) wussten wir, dass die gerade mal ein Jahr alte Waschmaschine kein Totalschaden war.

Am Ende der Woche war das Wasser wieder da, wo es hingehörte: In den Rohren. Und die Klempner bekamen es sogar hin, dass das Wasser nur lief, wenn der Hahn aufgedreht wurde – drei Tage lang rauschte es nämlich ungebremst durch’s Klo. Nun, da konnte es zumindest keinen Schaden anrichten – jedenfalls, solange wir den Haupthahn schlossen, wenn wir ins Bett oder außer Haus gingen … Zwischenzeitlich zerlegten die Handwerker auch noch das Gäste-Klo. Wo man gerade mal dabei ist … Nach drei Monaten war dann auch das Loch in der Wand geschlossen, war die Waschmaschine trockengelegt und wieder funktionstüchtig, nach vier Monaten hatten wir neues Laminat … Nach einem Jahr war geklärt, welche Versicherung den Schaden übernahm ... Dafür fließt das warme Wasser im Bad nicht mehr richtig. Aber wir sind bescheiden … Man könnte auch sagen, wir wollen diese Chaos-Handwerkerbrigade nicht mehr in der Wohnung haben …

Den Rest der Wasser-Woche kamen wir abends bange nach Hause. Welche Katastrophe erwartet uns wohl heute? Ans Kochen war nicht zu denken. Während ich in solchen Situationen problemlos tagelang von Butterbroten und Quark-Kartoffeln leben kann, besteht der Gatte auf eine warme Mahlzeit – es gab TK-Pizza im Wechsel mit Nudeln und Currywurst Pommes Schranke … Am Ende der Woche war ich durch und hatte hartnäckige Migräne. Und so landete dann Freitag das Kartonschwein auf dem Tisch. Eigentlich sind wir uns beide einig, dass wir so was nicht mehr kaufen. Aber der Gatte wollte Fleisch. Keiner von uns wollte noch zum Schlachter, dann Schnitzel klopfen und so weiter. Also zwei XXL-Schnitzel für weniger als 3 Euro gekauft – für beide zusammen. Von Tillman’s. Grusel pur. Wir brauchen hier weder über die Bedingungen zu reden, unter denen die Schweine aufwuchsen und getötet wurden, noch über die Fleischqualität.

Während ich kein halbes Schnitzel aß, weil es mir einfach nicht schmeckte, was nicht nur an der Migräne lag, und mich an die Kartoffeln hielt, futterte der Gatte seines ganz. Wirklich XXL waren die Schnitzel übrigens nicht. Die vom Gatten liebevoll geklopften aus Kalbfleisch sind um einiges größer. Den Rest des Abends jammerte der Gatte, es ginge ihm schlecht. Am nächsten Tag jammerte er immer noch, hatte die Nacht über kaum geschlafen, hatte Sodbrennen und litt unter Übelkeit. Wir schauten uns dann mal die Zutatenliste genauer an: Das „Wiener Schnitzel“, das, da aus Schweinefleisch, korrekterweise „Schnitzel Wiener Art“ heißen müsste, auch wenn das Verwaltungsgericht Arnsberg 2009 zu einem anderen, verbraucherunfreundlichen Urteil kam, enthält nur 68 Prozent Fleisch. Der Rest ist Panade, Öl, Speisesalz, Glukosesirup, Zitronenaroma, Zitronenfruchtpulver und Gewürzaroma (ich tippe mal stark darauf, dass sich dahinter Glutamat verbirgt, nichts anderes). Das meiste davon hat in einem Wiener Schnitzel nichts zu suchen …

Ein Gutes hatte dieses Erlebnis allerdings: Der Gatte ist komplett weg von diesen fertig panierten Dingern, die er sich gelegentlich mal machte, wenn er für sich alleine kochte.

5 Kommentare:

  1. OMG - ich haette mich bei diesen Vorfaellen wahrscheinlich laengst aufgeloest. Du bist sehr tapfer, congratulations. es lohnt sich wirklich nicht auf diese Produkte zurueckzugreifen, wir tun es bestimmt alle mal und bereuen dann bitte. Zum Glueck geht es wieder aufwaerts bei Euch.
    LG
    Gudrun

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    1. Och, ich bin bei Chaos ja meist in meinem Element und sehe die lustige Seite. Und zum Glück muss ich so was nicht alleine meistern.

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  2. Eine waschechte Horrorgeschichte, von der Überschwemmung über die Klemptner bis zum Kartonschwein! Immer wenn man denkt, das war's jetzt, wird es ein bisschen schlimmer!
    Ich hoffe, seitdem sind keine Katastrophen mehr aufgetaucht?

    Übrigens darf ich übernächste Woche Hamburg unsicher machen, beruflicherweise! Nachdem ich grad erst nach Manchester umgezogen war. :D

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    1. Nur die übliche Katastrophe im Wohnzimmer: Wir wohnen in einer Schwerkraftsonderzone. Der Regen bricht unter dem Balkon im 90 Grad-Winkel ab und regnet ins Wohnzimmer, durchnäßt den Fenstersturz. Die Vermieter-Handwerker sind nach einer Fassadensanierung nicht in der Lage, eine Fuge ordentlich zu setzen. Ich warte jetzt ab, bis der Sturz sturzt und der Hauswirt Physiknachhilfe nahm. Zumindest haben die Wohnzimmerblumen durch das Leck immer genug Wasser.

      Zu HH habe ich Dir ja schon geschrieben ;o)

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    2. Irgendwie erinnert mich diese Schilderung an die der ehemaligen Nachbarn meiner Eltern: in ihrem Haus in Holland war das Dach irgendwie auch erst so angelegt worden, daß das Regenwasser zur Mitte statt nach außen lief. *grusel* Irgendwie haben sie es vor einem wirklich größeren Schaden noch korrigiert bekommen.

      Demnächst dann doch wieder lieber Pizza? ;)

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