Das Timing war perfekt: Das Buch kam auf einem Freitag an, und bis Montag hatte ich nichts anderes zu tun als zu lesen. Einmal angefangen, mochte ich „Rotes Gold“ von Tom Hillenbrand nämlich nicht mehr aus der Hand legen. Dabei machte es gar nichts, dass ich Hillenbrands Erstling, „Teufelsfrucht“, noch nicht kannte, denn „Rotes Gold“ ist ein eigenständiger Krimi, den man auch ohne Kenntnis des Erstlings versteht (allerdings zieht das Lesen von „Rotes Gold“ fast schon automatisch den Erwerb von „Teufelsfrucht“ nach sich, denn es macht einfach Spaß, Kieffer bei seinen Ermittlungen zu folgen).
„Rotes Gold“ ist der zweite Fall, in dem der Luxemburger Koch und Hobby-Detektiv Xavier Kieffer ermittelt. Er ist zu einem Omakase, einen Sushi-Gala-Dinner im Musée d’Orsay in Paris eingeladen, bei dem Ryuunosuke Mifune als größter Sushi-Meister Europas ausgezeichnet werden soll. Plötzlich taumelt der Japaner, kippt um, ist tot. Diagnose: Fischvergiftung. Schnell zweifelt Kieffer daran, dass jemand, der sich so gut mit Fisch auskennt wie Mifune, durch eigene Unachtsamkeit vergiftet.
Auf nachdrückliche Bitte des Pariser Bürgermeisters, der ebenfalls nicht an einen Unfall glaubt, beginnt Kieffer mit eigenen Ermittlungen und taucht tief ein in die Welt der japanischen Küche. Er merkt rasch, dass es Fische gibt, die teurer als Gold und mehr Wert sind als ein Menschenleben; rotes Gold, für das manche über Leichen gehen. Die Ermittlungen führen Kieffer von Luxemburg nach Paris und bis nach Sizilien.
Hillenbrand setzt seine Protagonisten atmosphärisch dicht in Szene, macht Lust auf einen Luxemburg-Besuch; nimmt die Leser mit zum Rungis, dem Pariser Großmarkt, einst der Bauch von Paris, jetzt eher der Wanst der Welt, wie Kieffer resigniert bemerkt, und zu sizilianischen Fischern. Hillenbrands Stil ist flüssig, leicht lesbar, aber „Rotes Gold“ ist weit davon entfernt, leichte Kost zu sein, denn der Autor geht sehr detailliert auf Zucht- und Fangmethoden ein, beschreibt kulinarische Exzesse wie das Verspeisen eines Ortolans, eines im Ganzen gebackenen Singvogels. Ich bin zwar vor nichts fies, aber da kam ich am meine Grenzen. Auch Hillenbrands Beschreibung der Mattanza, des traditionellen Thunfischfangs vor Sizilien, ist nichts für zarte Gemüter.
Aber traditionelle Gerichte oder Fangmethoden sind nichts gegen die Perversionen industrieller Lebensmittelerzeugung, die Hillenbrand in "Rotes Gold" ebenfalls sehr detailliert beschreibt und kritisiert. So ist der Krimi dann auch ein Plädoyer, sich Gedanken zu machen über die Herkunft der Lebensmittel am Beispiel des Thunfischs, ein Plädoyer für echte, ehrliche, regionale Lebensmittel. Und so habe ich an dem Buch nur eines zu bemängeln: Dass die Rezepte für die Köstlichkeiten, die Kieffer zubereitet, fehlen.
Danke an Kiepenheuer & Witsch und an Blogg Dein Buch für die Möglichkeit, "Rotes Gold" zu lesen und einen neuen Autor kennenzulernen. Hier ist der Link zum Kauf des Buches.
das klingt ja total lesenswert, ich liebe Krimis und wenn sie dann noch einen Bezug zum Essen haben, danke fuer die Vorstellung. LG
AntwortenLöschenGudrun
Ich werde demnächst hier Ella Danz-Krimis vorstellen. Wenn Du kulinarische Krimis magst, gefällt die Dir sicher auch. Und im Anhang gibt es bei ihr Rezepte ;o)
LöschenDas Buch hab' ich hier liegen, aber noch nicht angefangen. Teufelsfrucht habe ich vor einigen Monaten gelesen und kann es nur empfehlen. Sehr spannend, man kann gar nicht aufhören bis man durch ist. LG aus Luxemburg ;-)
AntwortenLöschenWenn Dir als Luxemburgerin die Krimis gefallen, ist das ja quasi eine Auszeichnung, Paule.
Löschen:o) Es gibt zwar ein paar lokale Ungereimtheiten, aber Hillenbrand schlägt sich ansonsten ganz gut ;-)
LöschenJa, ich fand das Buch aus Sicht einer Lebensmittelchemikerin mehr als gruselig, wie auch schon den Vorgänger.
AntwortenLöschenWobei mir erst einmal der Appetit auf T(h)unfisch völlig vergangen ist.
Dass Dir der Vorgänger gefiel, sah ich schon, als ich auf der Suche nach einem Rezept für Bouneschlupp suchte und hab' ihn mir daraufhin gleich bestellt.
LöschenUnd Ella Danz ist einfach groß-ar-tig! Ein kochender Frange in Schleswig-Holstein, obwohl "Schatz, schmeckt's dir nicht! toppt alles!
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