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Samstag, 22. Dezember 2012

Philips Homecooker 1050/30 Test-Fazit: Die andere Dimension des Slow Food

Fassen wir mal zusammen: Der Homecooker, laut Werbung "eine völlig neuartige all-around Küchenmaschine", ein "Multitasking-Gerät", mit dem ich "jeden Tag frisch kochen [kann] – ohne großen Zeitaufwand", ist für ca. 399 Euro im Handel und soll
  • kochen,
  • garen,
  • dämpfen,
  • schmoren,
  • schnibbeln,
  • schneiden
  • und vieles andere
können. Okay, dann schauen wir mal ...

Nach einer Woche war klar: Der Homecooker und wir sind nicht kompatibel. Ich erfüllte also ein paar der selbstgestellten Aufgaben, packte die eierlegende Wollmilchsau wieder ein und bestellte die Abholung.

Wir kochen abends. Das Abendessen ist unsere Hauptmahlzeit. Wir essen gerne zwischen 19 Uhr und 20 Uhr. Mit dem HC wurde sich diese Zeit nach hinten verschieben, oder, wie der Gatte sagte: "Das Teil ist ideal für einen Mitternachtsimbiss." Die Aussage, mensch könne die Zeit, die der HC für Gerichte braucht, doch sinnvoll anders nutzen, wurde bei uns zum Running Gag.

Was mich am Meisten erstaunte, waren die begeisterten Aussagen, dank des HC müsse frau endlich nicht mehr stundenlang in der Küche stehen und rühren. Ich hatte irgendwann das Kopfkino, dass Tausende Hausfrauen angekettet am Herd stehen und rühren. Und mir war mal wieder klar, dass ich eine faule Hausfrau bin. Ich stehe nicht ständig am Herd und rühre. Sicher bin ich deswegen nicht HC-kompatibel.

Womit sich der HC messen lassen musste:
  • Tefal VitaCuisine Tischdampfgarer (2.000 Watt und 6,5 Liter Fassungsvermögen statt 1.500 Watt und 3 Liter Fassungsvermögen beim HC, hält warm und gart vitaminschonend, muss aber regelmäßig mit Wasser versorgt werden),
  • Moulinette-Schneideturm,
  • Herd und Backofen samt Töpfen und Pfannen,
  • Schneidbrett und Messer,
  • Mikrowelle.
Was mir beim HC gut gefällt:
  • Mit Mehl gebundene Saucen werden langsam gerührt, brennen nicht an. Damit sie nicht klumpen, muss man aber mit dem Schneebesen nachhelfen.
  • Aufgewärmtes schmeckt besser als aus der Mikrowelle und brennt nicht an (das Aufwärmen dauert aber auch sehr viel länger).
  • Der Schneideturm passt gut an den Topf.
  • Man kann direkt in den Topf schneiden lassen, ohne dass was daneben geht. Unter eine normale Schüssel muss man allerdings etwas stellen, da der Schneideturm sonst zu hoch ist. Ansonsten geht dann viel daneben.
  • Man kann im HC auch anbraten - sofern man nicht zu viel erwartet. Es dauert lange, und das Bratgut wird teilweise eher gekocht.
  • Der Topf lässt sich leicht reinigen. Beim Rührarm und bei den Schneidescheiben sieht es anders aus.
  • Das Gerät arbeitet schön leise.
  • Der Schneideturm ist schön klein und schnell zusammengebaut.
  • Die Teile sind spülmaschinentauglich (bis auf die mit Elektrik, klar).

Was mir beim HC nicht gefällt:
  • Die Temperatur ist nicht stufenlos regulierbar.
  • Die Geschwindigkeit des Rührarms ist nicht veränderbar.
  • Bei kleinen Mengen (z.B. ein Kilo Äpfel) wird nur die Menge am Topfboden gerührt, gleichzeitig wird einiges an den Topfrand nach oben geschoben, kommt aber nicht wieder runter, so dass man einen Kochlöffel einsetzen muss (z.B. beim Apfelkompott).
  • Die Temperatur wird nur am Topfboden erreicht. Beim Garen auf mehreren Ebenen hat man, anders als beim Dampfgarer, immensen Temperaturverlust.
  • Die Garzeit verlängert sich zum Teil exorbitant, ist unberechenbar. Um Wasser für Reis zu erhitzen, brauchte ich einmal 50 Minuten, ein anderes Mal 30 Minuten. Okay, ich muss nicht daneben stehen, kann die Zeit auch anders nutzen. Das könnte ich aber auch, wenn ich beispielsweise Geschnetzeltes konventionell in 30 Minuten zubereite statt in 95 Minuten ... Und: 2,5 Liter Wasser für 250 g Reis sind ... öhm, wie sag' ich es diplomatisch? Ein ganz klein wenig unverhältnismäßig?
  • Das Fehlen von Gartabellen und abwandelbaren Grundrezepten. Ein bisschen wurde auf der Philips-Homepage nachgebessert, aber prinzipiell gibt es nur die Rezepte von Jamie Oliver und Mario Pichler sowie die Methode Versuch und Irrtum. Letzteres ist für mich als Testerin okay, aber nicht als Endkundin. Letztlich übernehmen die Testerinnen die Aufgabe, Garzeittabellen und Rezepte zu erstellen, und das auch noch ohne Honorierung.
  • Beim Schneideturm ist der Abstand zwischen Schneidescheibe und Deckel mit ca. 2 cm zu groß, bleibt schon mal was hängen (Wurzeln zum Beispiel kreiselten fröhlich auf der Scheibe herum, wurden aber nicht geschnitten).
  • Die Schneidescheiben sind nicht eindeutig gekennzeichnet (bzw. ich bin zu blöd, zu erkennen, welche Scheibe wofür ist). Außerdem lassen sie sich wirklich schlecht reinigen. Ich musste ziemlich viel knibbeln und bürsten, nachdem sie aus der Spülmaschine kamen, und die Bürstenstriche blieben auf den Scheiben zu sehen. Außerdem sind nicht nur die Messer scharf, sondern auch die Kanten der Scheiben.
  • Die ursprüngliche Behauptung, die Plastikteile seien stabil, musste ich nach dem Garen der Gefüllten Paprikaschoten revidieren, denn der Dampfkorb wurde schnell instabil. Zudem wurde der Rührer ziemlich schnell blass und angeschrammt.
  • Die Versuche, Fleisch anzubraten, schlugen fehl. Das Fleisch wurde eher gekocht.
  • Der HC kann keine Massen zur Rose abziehen. Okay, technisch gesehen kann er es - in 40 Minuten bei 90 Grad. Praktisch allerdings fehlt die Luft, die bei der herkömmlichen Methode mit dem Schneebesen unter die Masse geschlagen wird und für Fluffigkeit sorgt.
  • Wird im HC auf mehreren Etagen gegart, sammelt sich die Flüssigkeit im Topf - zum Beispiel die von den Gefüllten Paprikaschoten auf dem Reis.
Was ich für Augenwischerei halte:
  • Die Aussage, der HC nähme "die lästige Rührerei" ab, und das ausgerechnet manifestiert an Gerichten wie Chili con carne oder Gulasch. Das sind typische Schmorgerichte, die ganz alleine stundenlang vor sich hin köcheln. Da stehe ich garantiert nicht dabei. Und die Aussage anderer Tester, Dank HC sei das Gulasch "endlich mal nicht zäh", ist auch Blödsinn. Bei drei bis vier Stunden Garzeit und 175 bis 250 Grad Temperatur muss Gulasch weich werden - selbst mit viel weniger Temperatur und auf dem Herd. Dazu brauche ich keinen HC.
    Selbst bei Risotto stehe ich nicht ständig am Herd und rühre, und Milchreis gare ich meistens im Bett. Rosmarinkartoffeln mache ich im Ofen, die müssen nicht gerührt werden. Bratkartoffeln mache ich in der Pfanne, denn die müssen auch nicht ständig gerührt werden, wenn mensch weiß, wie's geht. Lachen musste ich über die im Netz gefundene Aussage, Dank HC könne man endlich Couscous kochen, denn Couscous sei anspruchsvoll, dafür bräuchte man einen Couscous-Topf. Nachdem ich mich vom Lachkrampf erholt hatte, kam ich einmal mehr zu dem Ergebnis, dass ich nicht kochen kann, denn sonst würde ich Couscous nicht ohne Couscoussiere zubereiten können ...
  • Die Aussage, der HC können dampfgaren. Okay, technisch gesehen kann er das. In der Praxis bedeutet es allerdings, dass das dazu notwendige Wasser erstmal auf die entsprechende Temperatur gebracht werden und gehalten werden muss. Bevor Dampf entstand, erhitzte ich beispielsweise für die Paprikaschoten mit Reis 2,5 Liter Wasser bummelig 50 Minuten bei 250 Grad. Im Tischdampfgarer wären die Paprikaschoten samt Reis in der Zeit schon fertig gewesen - bei 100 Grad. Beim Tischdampfgarer sammelt sich das Tropfwasser außerdem in einer extra Schale. Im HC sammelt es sich im Topf , also auf dem, was unter dem Dampfkorb gart - beispielsweise auf dem Reis. Das sieht nur bedingt lecker aus und macht sich auch geschmacklich bemerkbar.
  • Die Aussage, dass der HC Zeit spart. Ähm, sorry, aber wenn ich für Gerichte drei oder vier Mal so lange brauche wie sonst, sehe ich das anders. Oder, in des Gatten klaren, deutlichen Worten: "Volksverdummung!" 
Unter welchen Bedingungen ich den HC kaufte / behielte:
  • Wenn ich gerade meine erste Wohnung bezöge und gerade erst kochen lernte, also noch keine gut ausgestattete Küche und grundlegendes Kochwissen hätte. Dann fällt es sicher leichter, den HC und seine Eigenheiten zu akzeptieren - ich wüsste ja nicht, wie es anders geht.
  • Wenn ich nur zwei Kochplatten hätte.
  • Wenn ich viel Freizeit hätte und nichts damit anzufangen wüsste.
  • Wenn es der HC geschafft hätte, meinen Tischdampfgarer und die altersschwache Moulinette zu ersetzen.
  • Wenn die Zubereitung im HC wenigstens annähernd so schnell gewesen wäre wie mit meinen üblichen Gerätschaften.
  • Wenn die gewählte Temperatur nicht nur am Topfboden erreicht würde.
  • Wenn ich nur von Milchreis, Grießbrei, Gebrannten Mandeln oder Aufgewärmtem lebte - beim Aufwärmen ist der HC wirklich großartig, und rühren kann er auch einigermaßen. Er ist sicher ideal für Menschen, die gerne Parties geben und dabei größere Mengen Suppe oder Chili warmhalten müssen.
  • Wenn der Preis für das, was der HC letztlich ist - nämlich ein Topf, der rühren kann - angemessen wäre. 199 Euro (Testpreis) bzw. 399 Euro (UVP) sind in meinen Augen unangemessen.
Hier alle Testbeiträge im Überblick:
Test I: Auspacken und aufwärmen
Test II: Pudding aus der Tüte
Test III: Tomatensuppe ohne Tüte
Test IV: Senf-Rahm-Geschnetzeltes ohne Tüte mit Reis und Rosenkohl
Test V: Ratatouille
Test VI: Eintopf mit Chinakohl
Test VII: Despinas Apfelkompott
Test VIII: Milchreis
Test IX: Gefüllte Paprikaschoten mit Reis und Tomatensauce
Test X: Gebrannte Mandeln

8 Kommentare:

  1. Ich habe noch nie verstanden, warum man allerlei teures, elektrisches Zeug braucht, wenn man schon eine normal ausgestattete Küche hat. Aber ich bin auch nicht die Zielgruppe für so Krams! :)

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    1. Och, wir sind für technisches Spielzeugs anfällig, aber hier passte es einfach nicht.

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  2. Danke für den Bericht. Für mich wäre der nix genauso wenig wie ein Thermomix. Sollen ja beiden absolute Allroundtalente sein... Jeder wie er mag.
    Lg Kathie Jo

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    1. Auf den Thermomix bin ich weiterhin neugierig und auf die entsprechenden Geräte von Kenwood und Moulinex. Aber nach dem HC-Test bin ich nicht mehr sooo davon überzeugt, dass ich bei der Ausstattung unserer Küche so was brauche.

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    2. Den Thermomix habe ich schon in Aktion gehabt, auch für größere Menge (Freizeit mit ca. 60 Leuten, also Küchenmaschine). Mich hat er da nicht überzeugt (Hefeteig nur schwer möglich, Zweibeln häckseln nur mit Trick 17 etc.). Brauch ich ganz ehrlich nicht und Zeit spar ich für mich damit auch nicht. Achj und die Kosten schrecken mich dann doch etwas ab *ggg*.

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  3. Herrlich, Dein Testbericht! Aber mal ehrlich: Für eine Party, bei der ich Supper oder Chili warm halten möchte, reicht ein 3-Liter-Topf auch nicht unbedingt aus, oder?

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    1. Wenn's 'ne kleine Party ist, schon ;o) Wird der Topf ganz bis unter den Rand gefüllt, dürfte er etwa 5 Liter fassen.

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  4. Klasse Bericht. Schon nach deinem ersten Kochversuch habe ich dich bewundert, dass du weitere Tests durchhälst. Kathie Jos Kommentar stimme ich zu, lass dir den TM mal in deinem Haushalt vorführen, dann bist du warscheinlich auch davon ab...

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