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Freitag, 7. September 2012

Gewollt, aber kaum gekonnt: Müller! Das Weinhotel in Hammelburg

Müller! Das Weinhotel in Hammelburg, noch
ein  wenig träge am frühen Sonntag Morgen.
Als Schwiegermutter samt kleinem braunen Hundevieh noch einmal im Jahr mit dem Auto gen München fuhr, übernachtete sie in Hammelburg im Gasthof zum Engel am Marktplatz, mitten in der Altstadt. Inzwischen fährt sie lieber mit dem Zug, ohne Zwischenstopp.

Als wir wussten, dass wir einen Zwischenstopp in Hammelburg machen werden, buchten wir ebenfalls dieses Hotel, das seit Sommer 2008 Müller! Das Weinhotel heißt, zum Weingut Müller gehört. Seit Schwiegermutters letztem Besuch dort hat sich also einiges verändert, und, gemessen an Schwiegermutters Erfahrungen, nicht zum Besseren.

Der Gastgarten auf dem Marktplatz machte einen einladenden Eindruck, der sich im Entrée aus Naturstein, Holz und Glas fortsetzte, an der Rezeption aber schlagartig aufhörte. Die Türen zur Gaststube und zum Hotel waren geschlossen. Wir standen kurz ein wenig ratlos herum, bis der Hotelier selbst schließlich kam und uns abfertigte. Die Nacht davor hatten wir im Hotel Huber in Dachau verbracht - der Kontrast zu Müllers Weinhotel hätte kaum größer sein können.

In Hammelburg gab's kein unverbindlich-nettes Geplänkel à la "Willkommen! Ich hoffe, Sie hatten eine angenehme Anreise. Schönen Aufenthalt bei uns.", sondern die Schlüsselübergabe und fertig. Schon die Frage nach dem Stellplatz für's Auto war irgendwie zu viel. Die nach dem wlan-Zugang sparten wir uns gleich, und wir wunderten uns auch nicht, dass die Flasche Wasser, die uns auf dem Zimmer erwarten sollte, fehlte (wir hätten danach fragen können, hatten aber selbst Wasser dabei). Stattdessen standen da zwei Flaschen Weißwein, den wir gerne probiert hätten, wenn er denn irgendwie gekühlt gewesen wäre (oder es wenigstens die Möglichkeit dazu gegeben hätte, zum Beispiel in Form einer Minibar) und es andere Gläser als die beiden Zahnputzbecher gegeben hätte.   

Blick aus unserem Zimmerfenster über die
Hammelburger Altstadt.
Das Zimmer war stickig und winzig, aber sauber und renoviert - bis auf Kleinigkeiten wie einer defekten Abdeckung am Fernseher. Das Bad war fast so groß wie das Zimmer und ebenfalls sauber, aber mehr als renovierungsbedürftig: Tropfender Wasserhahn, abgeplatzer Emaille in der Duschwanne, fehlende Fliesen, ein Farbkonzept, das zu keiner Zeit irgendwie modern war, funzelige Beleuchtung ... Da muss noch einiges getan werden.

Erstaunlicherweise gab's im Zimmer so was wie eine Klimaanlage, die wir aber schnell wieder ausschalteten, da sie bei mir Niesanfälle hervorrief (normalerweise passiert mir so was nicht, aber das Haus ist von 1681, und ich vermute, die Klimaanlage ist nicht so viel jünger ;o)). Also öffneten wir das einzige Fenster, denn im Zimmer staute sich die Hitze.

Mit geöffnetem Fenster ließ es sich gut aushalten - bis wir gegen 22 Uhr schlafen wollten. Justament in diesem Moment begannen die Bewohner des gegenüberliegenden, knapp fünf Meter entfernten Hauses mit den Renovierungsarbeiten. Da es immer noch sehr warm war, hatten sie die Fenster weit geöffnet. In den nächsten Stunden hörten wir das Krichkrichkrich vom Abziehen der Wände, gefolgt vom Rumpumpel der Entsorgung des Gerölls und einer Staubwolke, die durch's geöffnete Fenster in unser Zimmer zog. Dass die Betten bei uns im Zimmer knarrten, fiel da kaum noch ins Gewicht. Wir versuchten es noch mal kurz mit der Klimaanlage, aber wieder musste ich endlos niesen.

Blick auf die Fassade mit dem ursprünglichen
Hotelnamen.
Da es eine laue Vollmondnacht war, überlegte ich kurz, ob die Bänke auf dem Marktplatz eine Alternative wären, holte dann aber eines der vier Bücher, die ich für die Bahnfahrt am Vortag mit hatte (mensch weiß ja nie, ob 'ne Bahnfahrt nicht doch länger dauert als geplant) aus dem Koffer und las, während der Gatte neben mir im Wechsel fluchte oder sich schlaflos wälzte. Gegen drei Uhr nachts wurden die Arbeiten im Haus gegenüber kurz eingestellt, so dass wir dann doch noch fast fünf Stunden einigermaßen schlafen konnten.

Der Gatte, der eigentlich gehofft hatte, durch den Zwischenstopp die Heimreise gut ausgeruht antreten zu können, war schwerst genervt und wurde auch beim Frühstück nicht fröhlicher, denn der Kaffee war plörrig. Wieder sehnten wir uns nach dem Hotel in Dachau zurück.

"Sachma, warum hast Du uns eigentlich nicht auf Schloss Saaleck eingebucht?" fragte mich der Gatte. "Weil Deine Mutter dieses Hotel empfahl, Du mitten in der Stadt sein wolltest, Dir Saaleck zu fein war." "Jaaaa, klaaaa, jetzt bin iiiiich wieder Schuld! Nächstes Mal buchst Duuuuuu gefälligst ein anderes Hotel!" Im Frühstücksraum konnten wir auch hören, dass wir nicht die einzigen Gäste waren, die die nächtlichen Renovierungsarbeiten nervten. Es gab sicher einen guten Grund dafür, das nachts zu machen. Außer Schwarzarbeit und Vampirismus fiel uns allerdings keiner ein.

Üppig und gut: Handgeschabte Käsespätzle.
Die Parksituation entsprach dem Gewollt-aber-nicht-gekonnt-Konzept des Hotels. Es gibt ein paar Parkplätze in einer Garage, die zweireihig belegt werden. Das kenne ich aus anderen Hotels (ich entsinne mich da besonders an das Hotel am Alten Strom in Warnemünde, wo ich sehr zirkeln musste, um in die Garage zu kommen - ich, die ich nicht parken kann ...).

Als der Gatte skeptisch überlegte, ob es eine gute Idee sei, in erster Reihe zu parken, beschied ich aus dem Schatz meiner Erfahrung, das sei kein Problem. Wer in zweiter Reihe parke, gebe den Autoschlüssel an der Rezeption ab, damit der Wagen umgesetzt werden könne. Tschaaaa ... Hier musste keiner den Schlüssel abgeben, was bedeutete, dass wir zwei Mal zugeparkt wurden. Zwar klappte es, dass die Rezeption dem Fahrer des jeweils hinter uns stehendem Autos sagte, er möge bitte umparken, nur wurden wir davon nicht unterrichtet, obwohl wir leicht greifbar auf unserem Zimmer waren, bekamen also nichts davon mit, waren flugs wieder zugeparkt.

Silvanernudeln mit karamellisierten Radieschen und
hausgemachtem Pesto.
Eigentlich hatten wir auch gedacht, dass wir in einem Weinhotel eine Weinprobe machen könnten, denn wir kamen ja auch zum Weinkauf. Ein sichtbares Angebot dafür gab's nicht, und als der Hotelier erfuhr, dass wir nach einer Weinprobe suchen, kam auch kein Angebot. Dazu passt, dass unsere Weinbestellung beim Abendessen vergessen wurde, wir daran nachdrücklich erinnern mussten. Der Wein kam dann nach dem Essen. Später am Abend stiegen wir auf Kellerbier um - kam prompter als der Wein, war süffig und lecker.

Das Essen im zum Hotel gehörenden Restaurant war allerdings gut. Das Restaurant kann ich also empfehlen (okay, der Service war ein wenig hölzern, aber was anderes hätte uns auch echt erstaunt). Der Schwerpunkt liegt auf fränkischer Küche, modern interpretiert, mit regionalen und saisonalen Zutaten, frisch zubereitet. Auch für Vegetarier gibt es eine gute Auswahl, was dazu führte, dass der Gatte zu meiner Überraschung feststellte, er müsse ja nicht immer Fleisch essen. Stattdessen entschied er sich für die Käsespätzle. Gut gefiel mir, dass es auf der Speisekarte zu jedem Gericht eine Weinempfehlung gibt. Das erspart Nachfragen beim Service (und dem Service erspart es, sich zu sehr mit dem Wein auseinandersetzen zu müssen ;o)).

Sehr gut schmeckte uns der Secco von Müller, den wir auch mit nach Hause nahmen - für die letzten lauschigen Spätsommerabende auf der Terrasse.

4 Kommentare:

  1. Hast du einen geduldigen Mann. Meiner hätte spätestens beim Anblick des Badezimmers fluchend und schimpfend die Flucht ergriffen...

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    1. Och, es war ja sauber und nur für eine Nacht. Außerdem war er viel zu müde, weil die Fahrt sehr anstrengend war (quasi ein einziger Stau von Dachau bis Hammelburg), ich sein Auto nicht fahren kann, ihn also auch nicht ablösen kann.

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  2. Danke für die erheiternde Wiedergabe - auch wenn es für euch grauenhaft war. :)

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