Die Supermarktkette Real führte vor etwa drei Jahren eine Eigenmarke, unterteilt in "Quality", "Select" und "Bio", ein, und nun gibt es ein
Bewertungsportal für die rund 2.500 Produkte. Nun gut. So eine Eigenmarke muss natürlich auch beworben werden, und so kam die Agentur "Pilot" auf Foodblogger. So'n Blog ist ja gut gerankt, da rutscht der Kunde bei Google gleich ganz nach oben. Und um die Foodblogger zu motivieren, bekommen sie einen Einkaufsgutschein in Höhe von 25 Euro. Wobei die Höhe auch variieren kann, denn wenn man sich hartnäckig weigert, vervierfacht sich der Wert auch mal.
Ich war nicht hartnäckig. Ich habe einen Gatten zu Hause, der Lebensmittel per se zu teuer findet. Ich kaufe gerne nach anderen Kriterien ein, selbst, wenn mein Portemonnaie leer ist. Dafür verzichte ich dann auf anderes. Das sorgt gerne mal für Zündstoff. Und inzwischen denkt der Gatte um. Langsam. Der Gatte ist zudem grundsätzlich der Meinung, wenn ich schon blogge, soll ich mitnehmen, was ich kriegen kann. Ich drohe ihm
Valess an, in Kombination mit Knorr-Suppen, denn die suchen gerade Tester, die aus den Tütensuppen Hauptgerichte machen. So 'ne Tomatensuppe als Saucenbasis zu Valess mit Analogkäse überbacken schmeckt bestimmt. Könnte ich glatt als veganes Rezept bloggen. Will ich aber nicht.
Die neue Real-Eigenmarke fiel uns natürlich schon auf, vor allem, weil andere Produkte und Marken, die ich bisher kaufte, von ihr verdrängt wurden und werden, wie die Eigenmarkte "Tip", aber auch Produkte von Weihenstephan und Andechser. Die Real-Eigenmarke ist teurer als "Tip" oder andere No name-Marken, aber günstiger als andere Marken. Wir kaufen selten nach Marken ein, sondern nach Geschmack und Preis.
Der Gatte will testen, also lasse ich die Liste kommen und ihn die Produkte auswählen. Der Gatte hat Probleme, was zu finden, denn viele Produkte kaufen wir einfach nicht (mehr), egal, von welcher Marke. Dinge, die ohnehin auf dem Einkaufszettel standen, wie Kaffee, passierte Tomaten, Kokosmilch, Kekse, Olivenöl, Fertigknödel (für den Notfall ...) und Hartweizengrießnudeln, kamen schließlich ins Haus. Es sind im Wesentlichen Produkte, die wir früher von "Tip" oder No name-Marken kauften, dann aber, seitdem die zunehmend ausgelistet werden, von der neuen Real-Eigenmarke.
Danke an Real, dass wir testen konnten. Bislang verkosteten wir Kokosmilch, Kaffeegebäck und Kaffee, drei Produkte, die wir bislang nicht von der Eigenmarke kauften. Die Kekse schmeckten altbacken, pappig und waren völlig übersüßt. Da kaufen wir weiterhin entweder die von "Tip" oder gleich die von Delacre. Der Kaffee ist mir zu scharf geröstet und war wie ein Schlag in die Magengrube. Der Gatte hingegen fand ihn okay. Die Kokosmilch ist okay, allerdings kaufe ich normalerweise 100 prozentige. Diese mit 80 % Kokosmilch ließe ich im Regal stehen, wenn ich eine Alternative habe. Neu ist für uns das Olivenöl, das okay ist. Die anderen Produkte haben wir schon öfter von der Eigenmarke gekauft, die sind ebenfalls okay.
Und damit ich hier richtig verstanden werde: Okay heißt: Das würde ich wieder kaufen. Mehl und Nudeln gehören zu den Produkten, die ich regelmäßig von der Real-Eigenmarke kaufe, ebenso die passierten Tomaten. Ansonsten kaufen wir hauptsächlich Non Food-Produkte der Eigenmarke.
Als PR-Schlampe, die ich mal war, hätte ich mich schon mal gefragt, ob Foodblogger die richtige Zielgruppe für die Werbung sind. Die, die ich kenne und/oder lese, machen sich Gedanken ums Einkaufen und veröffentlichen eigene
Einkaufsführer (Notiz an mich: Astrids PLZ 2-Kategorie füllen). Mein Einkaufsverhalten ist eine Mischung aus allem. Ich möchte oft anders als ich kann. Seitdem ich auf 2,75 Stellen arbeite, kaufe ich überwiegend pragmatisch ein (eigentlich arbeite ich auf 3,5 Stellen, aber eine 0,75-Stelle konnte noch nicht übergeben werden ...). Bei Real kaufen nur wenige Foodblogger aus meinem Bekanntenkreis. Zu präsent sind bei ihnen noch immer die Lebensmittelskandale, in die Supermarktkette immer wieder mal verwickelt war. Und: Foodblogger tauschen sich untereinander aus, sind untereinander vernetzt. Das sollte man nicht unterschätzen. Über Mundpropaganda werden nicht nur positive Erfahrungen ausgestauscht.
Wir kaufen normalerweise einmal in der Woche ein, am Sonnabend. Erst geht's zum
Wochenmarkt, und weil da nebenan gleich Aldi ist, geht's als nächstes dahin. Normalerweise haben wir dann schon 3/4 des Einkaufs erledigt. Für das restliche Viertel stellt sich die Frage "Zu Real oder lieber gleich zur Metro?" Oft landen wir in der Metro, insbesondere an Tagen, an denen wir nicht auf dem Markt waren und Obst und Gemüse brauchen. Dann gibt es Sonnabende, an denen wir nach dem Real-Besuch noch in die Metro fahren, meistens für Fleisch. Ich versuche zwar tapfer, morgens vor der Fahrt ins Haus, das Irre macht, beim kleinen Schlachter zu halten, aber dafür 45 Minuten früher los zu fahren, schaffe ich nur selten, und abends hat er schon geschlossen.
Wir sind also Real-Stammkunden. Doch, wir hätten auch Alternativen: Zwei kleine Rewe-Supermärkte, die wir zunehmend öfter nutzen, auch, weil beim einen ein bis abends geöffneter Schlachter in der Nähe ist; und ein Edeka, bei dem ich gerne einkaufe, weil er viele regionale Produkte und Becking-Kaffee hat oder wenn ich was Besonderes brauche. Aber Edeka bedeutet auch einen mindestens eine Stunde längeren Heimweg, weil auf der Strecke immer Stau ist. Also landen wir wieder bei Real, auch, weil zwei Discounter und ein Baumarkt in der Nähe sind, es ausreichend Parkplätze und einen Getränkemarkt gibt. Der Getränkemarkt ist übrigens ein Provisorium - seit vielen Jahren. Auf einem Teil des Parkplatzes errichtet, gibt es im Markt Schlaglöcher und Pfützen - im Winter auch schon mal mit Eiskruste.
Wir könnten natürlich sonnabends früh aufstehen und nach dem Marktbesuch die entsprechenden Fachgeschäfte, die es bei uns auch gibt, abklappern, aber ich bin freitags so fertig, dass ich locker zehn bis vierzehn Stunden schlafe und vor Sonnabend Mittag kaum ansprechbar bin. Dem Gatten geht's ähnlich. Die Fachgeschäfte schließen zwischen 13 Uhr und 14 Uhr. Das schaffen wir nicht. Wir sind keine Gutmenschen. Schande über uns.
Seit wir bei Real kaufen, ist der Laden mehrfach umgestaltet worden. Manchmal habe ich das Gefühl, die sind mit nichts anderem beschäftigt, als die Waren von A nach B und über C zurück nach A zu räumen. Hält den Kunden in Bewegung und sorgt dafür, dass er möglichst viel Geld da läßt durch Spontankäufe, weil er unterwegs vieles in den Wagen packt, von dem er nicht wusste, dass er es haben möchte. Klappt auch bei uns, falls wir nicht nach kurzer Zeit in die Metro flüchten, weil beispielsweise die Kokosmilch, die wechselnd bei den Spirituosen, bei den Exoten oder bei den ausländischen Lebensmitteln steht, mal wieder nicht auffindbar ist. HP-Sauce wiederum steht weder bei den Exoten noch bei den ausländischen Lebensmitteln, sondern bei den Grillsaucen. Oliven hingegen gibt es sowohl bei den Exoten als auch bei den ausländischen Lebensmitteln. Bei den Exoten stehen sie nach Ländern unterteilt, so dass ich die Wahl habe zwischen spanischen, griechischen und italienischen. Menno, ich will einfach nur Oliven. Ich will mit denen nicht meine Fremdsprachenkenntnisse erweitern.
Wir haben also viel Spaß und legen etliche Kilometer zurück, um Preisvergleiche zu machen, denn wir greifen selten wahllos ins Regal. Und dabei rede ich noch gar nicht von der Non-Food-Abteilung. Die Suche nach Haushaltshelfern, Müllbeuteln, Backpapier und Frischhaltefolie treibt mich regelmäßig in den Wahnsinn.
Als ich sah, dass Real für die Lebensmittel der TV-Sendung "Deutschland sucht den Meisterkoch" verantwortlich ist, fiel ich lachend vom Sofa. Im TV gab's Lebensmittel, die hatte ich bei meinem Markt noch nie gesehen (wobei ich inzwischen weiß, dass die für die Lebensmittel zuständige Frau auch Probleme hatte, das Zeugs über Real ran zu schaffen, was mich dann wieder beruhigt, heißt es doch, dass nicht nur ich bei Real nichts finde). Dafür werden die Tütenregale immer länger. Faszinierenderweise sind gleichzeitig "Feinschmecker" und e&t ständig ausverkauft. Wahrscheinlich von Kunden wie meine Schwiegermutter. Auf dem Couchtisch liegt dekorativ die e&t, auf dem Esstisch liegt dekorativ das Tütenfutter, und weil der Gast so beeindruckt ist von der e&t, merkt er das nicht ...
Inzwischen wissen wir schon sehr genau, was wir bei Real kaufen können und was nicht. Der Schlachter weiß beispielsweise, was er verkauft und berät gerne. Fisch hingegen kaufe ich dort nicht mehr, seitdem mir der Verkäufer erklärte, Matjes sei Frischfisch, der sich keine zwei Tage im Kühlschrank halte. Der Matjes, den er mir verkaufte, war schon nach nur einem Tag im Kühlschrank schleimig, seifig, matschig - und kein Matjes, sondern uralter Brathering. Ich hätte ihn diesem Verleihnix am Montag um die Ohren hauen sollen (bei Reklamationen ist Real übrigens sehr kulant). Geflügel kaufen wir dort auch nicht mehr, seitdem es sonnabends mal grün schillernd in der Kühltheke lag. Im Kühlregal finden sich außer gelegentlichem Mäusekot schon mal eindeutige Bissspuren am Käse, und im Kassenbereich kann eine Kakerlake den Weg kreuzen. Wir gucken also sehr genau an, was wir in den Einkaufskorb legen, nicht nur, weil wir Zutaten- und Inhaltsstoffelisten lesen - und weichen öfter zu Rewe aus.
In den letzten Monaten hat sich das Sortiment bei Real verändert. Es gibt plötzlich Lebensmittel, die ich dort früher vermisste, wie glatte Petersilie und Limetten, aber auch Neues wie Schoko-Tomaten, Sprossenmix und Kochbananen. Was mich freut, lassen die anderen Kunden liegen, deswegen wird's wohl bald wieder ausgelistet. In diesem Sommer gab's Erdbeeren von
Glantz, ein kleiner Schritt Richtung Regionalität. In der Saison gibt es zudem einen guten Spargel- und Erdbeerhändler bzw. Apfel- und Kartoffelhändler aus der weiteren Region auf einer Sonderfläche im Eingang. Das Grundproblem aber bleibt: Der Laden ist schmutzig - und ich habe bei Schmutz eine hohe Toleranz - und schlecht sortiert.