Montag, 30. November 2009

Projekt: Orientalischer Stollen in Lecker

Im großen bloggerverschreckenden Kochforum schwärmte jüngst eine Userin vom orientalischen Stollen, den es derzeit beim Backhus gibt. Der sei soooo lecker ... Nun gut, eigentlich halte ich Dat Backhus ja für überschätzt, und in vielen Filialen sind die Waren meistens adelig, sprich: von Gestern ... Oder habe nur ich immer das Pech, von pampigen Verkäuferinnen alte Rundstücke und Berliner zu bekommen? Aber die Stollen fand ich eigentlich immer ganz okay, und eines Tages holte ich mir also zwei Scheiben dieses hochgelobten orientalischen Stollens.
Während des Essens suchte ich vergeblich den Orient. Im Teig waren Rosinen, Korinthen und Pistazien. Der Teig war ansonsten kaum gewürzt. Ich erwischte ein Würznest, das nach Kardamom schmeckte. Und vielleicht war auch noch Zimt drin ... Um alles herum war eine Schokoglasur, die in erster Linie fett war.

In einem Anflug von Größenwahn beschloss ich: Orientalischer Stollen - den kann ich in Lecker! Okay, ich habe vorher noch nie Stollen gebacken. Okay, ich bringe jeden Hefeteig um. Aber so ein Stollen muss doch zu schaffen sein .... Getreu der Devise, wer nicht bis zu den Sternen denkt, erklimmt noch nicht mal die Kirchturmspitze, machte ich mich auf den Weg, auch wenn in diesem Fall weniger ein Kirchturm als ein Minarett erklommen werden wollte.

Im www schwirrt ein Rezept für einen orientalischen Stollen 'rum, das sich als Basis gut anhörte. "Für einen Stollen brauchst Du eine Stollenform", meinte eine Kochfreundin. Okay, die gab's bei eBay. Im Forum fand ich eine kaoskochtaugliche bebilderte Stollenbackanleitung, und somit stand dem Projekt "Orientalischer Stollen in Lecker" nichts mehr im Wege. Passenderweise suchte sich die Historikerin in mir den Tag des schweizer Volksbegehrens gegen die Minarette für das Experiment aus.
Am Vortag schnitt ich getrocknete Datteln, Feigen und Aprikosen klein, hackte Mandeln, gab alles in eine Tupper, tränkte die Früchte mit indonesischem Arrak und stellte sie über Nacht auf den Balkon. Am nächsten Morgen kam der Teig dran, der immer wieder gehen musste (und zum Glück immer wieder brav zurück kam). Schließlich war er in der Form und im Ofen. Schon jetzt duftete es wunderbar nach Gewürzen und Arrak.

Der fertiggebackene Stollen schließlich wurde mehrfach mit Butter und mit einer Zucker-Puderzucker-Zimt-Kakao-Mischung bestrichen.
Eigentlich müsste er jetzt 14 Tage ruhen. Ich beschloss nach 20 Stunden, das müsse reichen, denn ich war zu neugierig, ob mir mein Stollen schmeckt. Ja, tut er - mir viel besser als das Ergebnis des schweizer Volksentscheids.
Okay, ich hab's mit dem Arrak ein bisschen zu gut gemeint, der Teig könnte noch etwas mehr Zucker vertragen und weil ich nicht gleich mit Umluft arbeitete, ist der Stollen von unten ein bisschen dunkel, aber insgesamt kommt das, was ich buk, meiner Vorstellung von einem orientalischen Stollen schon recht nahe ...

Zutaten für 1 Portion:
100 g getrocknete Datteln
100 g getrocknete Feigen
200 g Aprikosen
40 g Pistazien
3 – 4 EL Arrak (indonesischer)
500 g Mehl
1 TL Zimt
½ TL Kardamom, gemahlen
1 Prise Nelke (gemahlen)
1 Prise Macis
1 Prise Anis (gemahlen)
1 Prise Ingwer (gemahlen)
1 Prise Piment (gemahlen)
150 ml Milch
1 Würfel Hefe
1 TL Vanillezucker
70 g Zucker
1 Prise Salz
1 Zitrone (Schale davon)
200 g weiche Butter
2 EL Mehl
100 g Butter
4 EL Puderzucker
1 EL Kakao
1 TL Zimt

Zubereitung:
Trockenfrüchte und Pistazien hacken. In eine Schüssel geben, Arrak darüber geben, alles gut mischen und ein paar Stunden / über Nacht ziehen lassen.

Mehl in eine Schüssel geben und mit den Gewürzen mischen. Milch soweit erwärmen, dass sie handwarm ist. Die Hefe hineinbröckeln und auflösen. In das Mehl eine Mulde drücken, die Milch-Hefe-Mischung und den Vanillezucker hinein geben und alles zu einem Teig verkneten. Der Teig sollte weder an der Schüssel noch an den Händen kleben – ggf. esslöffelweise mehr Milch oder Mehl zugeben, bis die Teigkonsistenz stimmt. Teig zugedeckt an einem warmen Ort 30 Minuten gehen lassen.

Zucker, Salz, Zitronenschale und Butter zum Teig geben und alles zu einem glatten Teig verkneten. Wieder den Teig zugedeckt an einem warmen Ort 30 Minuten gehen lassen.

Früchte abtropfen lassen und mit 2 EL Mehl vermischen, damit sie später im Teig nicht nach unten sinken. Unter den Teig kneten. Teig in eine Stollenform geben oder zum Stollen formen und auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech legen. Zugedeckt ca. 30 Minuten gehen lassen.

Bei 200 Grad Umluft 10 Minuten backen, dann die Temperatur auf 175 Grad reduzieren und den Stollen weitere 30 bis 35 Minuten backen (Stäbchenprobe).

100 g Butter verflüssigen und den noch warmen Stollen damit bepinseln. Puderzucker, Kakao und Zimt mischen und die Hälfte über den Stollen gegen. Erkalten lassen. Die Prozedur wiederholen, bis Butter und Zuckermischung aufgebraucht sind.

6 Kommentare:

  1. Mmh, klingt gut. Vielleicht solltest du dir noch die Tricks des bloggenden Bäckers bzgl. Stollen ansehen. Und nur so als Tipp: Hefe und Umluft sind nicht das ideale Paar.

    Ulrike @Küchenlatein

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  2. Hias riet in seinem Rezept / seiner Anleitung auch ausdrücklich von Umluft ab. Aber bei unserem Herd klappt Ober-/Unterhitze nur, wenn ich das Gitter nehme. Und da hätte der Stollen Beulen bekommen, das wollte ich nicht. Auf dem Blech wird bei Ober-/Unterhitze alles von unten schnell schwarz ...

    Übrigens habe ich Deinen Tipp angewandt und das Mehl erwärmt - danke, der Tipp ist super!

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  3. Und wenn du wie der Meister empfiehlt, Pappe zwischen Backpapier und Backblech/Gitter legst? Ansonsten ein Lochblech, das wir beim Training 'mal probieren könnten.

    Ulrike @Küchenlatein

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  4. Brennt die Pappe bei der Temperatur nicht? Ich werde nächstes Jahr mal ein bisschen an dem Rezept probieren - eher werde ich kaum wieder Stollen backen, denn ich "darf" den ganz alleine essen. Der Gatte mag keinen Stollen ...

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  5. Gratuliere zum ernsten Stollen! Da bin ich aber froh, dass er auch immer wieder brav zurueckkam und Du davon erzaehlen konntest!

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  6. Danke :o))) Der Stollen wird übrigens immer besser, umso länger er zieht. Heute schmeckte er ganz anders als vorgestern.

    Und ich glaube, ich koche / backe zu viel. Als ich heute meinem Partner ein Stück Stollen anbot, ging er automatisch davon aus, der müsse selbstgemacht sein ... Dabei hatte er in den letzten Jahren oft den Auftrag, mir auf dem Weg ins Büro einen Stollen vom Bäcker mitzubringen.

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