Sonntag, 8. September 2013

Szenen einer Ehe: Ich werd' zum Elch!

Diese Geschichte enthält fiktive Anteile. Ich sage aber nicht, welche. 

Freitag Abend. Sie kommt ungewöhnlich spät für einen Freitag nach Hause, nach ihm.

Er: Ich hab' mir schon Sorgen gemacht. Sonst liegst du um diese Zeit doch immer schon im Bett.

Sie: Na ja, ich habe gestern und vorgestern so früh Feierabend gemacht, dass ich heute ein paar Stunden nachholen und was zu Ende bringen wollte.

Er: Dann willst du jetzt bestimmt nicht mit zu Ikea? Du bist sicher zu müde?

Sie: Nö, is' okay, lass' fahrn.

Er: Ich dachte nur, wir könnten dann auch gleich da essen.

Sie: Is' nich' dein Ernst?! Wo doch Pferd in den Köttbullar war und du panische Angst vorm Pferdeverzehr hast?!

Er, ertappt: Ach was!

Sie: Was willste eigentlich bei Ikea?

Er: Ich brauch' nochn Brett.

Unterwegs.

Sie: Schatz, was hältst du davon, wenn wir mal bei dem Griechen da vorne essen? Da sind wir so oft dran vorbeigefahren, ham aber nie da gegessen. Und kuckma, der hat auchn Garten. Da können wir draußen sitzen. Ist doch gerade so schön.

Er: Da ist ein Grieche?!

Am Eingang.

Er: Wollen wir gleich in die Markthalle?

Sie: Nee, wenn ich schon mal hier bin, will ich auch den vollen Spaß und einmal durchgehen. Nimm' dir schon mal 'ne Tasche.

In der Bettenabteilung.

Er: Ach, was ich dir schon lange sagen wollte: Das Gästebett nervt mich furchtbar! Ich stoß da immer mit dem Schreibtischstuhl gegen!

Sie: Ach? Da hab' ich kein Problem mit.

Er: Ich aber! Ich will, dass das Bett rauskommt!

Sie: Also, eigentlich sollte dein Schreibtisch ja gar nicht ins Gästezimmer, sondern nur meiner. Dann haste dich da mit rein gequetscht, und gezz isses halt eng. Da musste gezz halt mit leben.

Er, innerlich mit dem Fuß aufstampfend: Ich will das Bett aber nicht!

Sie bekommt einen taktischen Tinnitus.

In der Küchenabteilung.

Er, hektisch: Du, sachma, sind wir eigentlich schon in der Küchenabteilung gewesen? Mir fällt gerade ein, dass ich da was brauche!

Sie: Öhm, Schatz, guck' dich mal um ...

Er, immer noch hektisch: Oh! Ja! Ich brauche ein Tablett und einen Halter für meinen Schlauch!

Sie, süffisant: So so, einen Halter für deinen Schlauch. Sicher, dasde nich lieba auffen Kiez in die Boutique Bizarre willst?

Er, genervt: Ach was!

In der Kinderabteilung.

Er bleibt vor einem Kinderbett mit einer Länge von einsfuffzig stehen: Kuckma, das wäre ideal für's Gästezimmer! Da stieße ich nicht imma gegen!

Sie: Schatz, alle meine Freundinnen sind größer als einfuffzig.

Er: E., B. und G. nicht.

Sie: E., B. und G. auch. Die kommen dir nur so klein vor, weil du so groß bist.Außerdem wohnen die in Hamburg und brauchen bei uns kein Gästebett.

Vor dem Restaurant.

Er: Essen wir jetzt hier?

Sie: Wie gezz? Haste schon Hunger?

Er, kläglich: Jaaaaa.

Sie wundert sich wieder mal, dass er, der zu Hause selten vor 21 Uhr zu Abend essen möchte, in Baumärkten und Möbelhäusern aber ständig essen kann, und fügt sich in Köttbullar als ihr Schicksal.

In der Markthalle.

Er: Brauchen wir einen Wagen?

Sie: Bessa is. Wenn ich schon mal hier bin, will ich auch in aller Ruhe gucken. - Spricht's und greift zu Eisformen und Servietten.

Er stöhnt, holt einen Wagen und fügt sich in sein Schicksal. 

Sie. Du, ich brauche unbedingt einen Eiskugelmacher! Und kuckma, hier gibt's Tabletts.

Er: WAS brauchst du?

Sie: Einen Eisportionierer.

Er: WAS?

Sie, grundgenervt: Na, so'n Teil, das aus eckigem Eis runde Kugeln macht!

In der Lampenabteilung.

Sie: Du, ich hätte am Nachttisch gerne eine hellere Lampe.

Er: Da sind doch schon so viele Lampen.

Sie: Ja, aber die eine Birne ist so dunkel. Gibt's da nicht 'ne hellere? So hundert Watt oder so?

Er: Was hattn die Lampe für 'ne Fassung?

Sie: 'ne Graue. Also, außen. Innen ist sie weiß. Glaube ich.

Er seufzt und schreitet die Lampenreihen ab auf der Suche nach dem heimischen Modell. Gelegentlich ist es ganz praktisch, dass der Großteil ihrer Einrichtung von Ikea stammt. Dann sucht er nach einem passenden Leuchtmittel und legt es in den Wagen.

Er: Auswechseln kannste die Birne aber alleine, ja?

Sie: Öhm, das gehört eigentlich zu den Dingen, für die ich verheiratet bin. Wenn du also so lieb wärst?!

Er lamentiert: Also, bevor ich meine Frau geheiratet habe, hatte sie einen gut sortierten Werkzeugkasten. Und sie hatte einen Bohrhammer. Und mit all dem konnte sie umgehen! Das habe ich selbst gesehen! Und dann habe ich sie geheiratet, und sie kann das alles nicht mehr! Das gibt es doch nicht!

Sie: Denk' immer dran, dass du mich liebst, Schatz.

Er seufzt.

Beim Geschenkpapier stoppt sie abrupt: Halt, wir brauchen Geschenkpapier!

Er: Menno, ich weiß schon nicht mehr, wohin mit den ganzen Rollen! Ich hätte die letztens schon fast weggeworfen!

Sie: Ja, aber du hast doch selbst gesagt, das ist alles nur Weihnachtspapier.

Er: Na und?!

Sie: Wir haben Hochsommer. Ich kann jetzt nichts mit Schneeflocken verpacken und brauche nächste Woche welches!

Er grunzt.

Sie: Und guck mal, die haben jetzt auch Papeterie. Guck mal, Tagebücher! Notizblöcke! Sind die nicht entzückend?!

Sie verfällt in Kaufrausch. Er tut, als kennte er sie nicht. 

Auf dem Weg zur Kasse bleibt sie automatisch an einer bestimmten Stelle stehen. Er läuft ihr in den Hacken.

Er: Wassen los?!

Sie: Hier gibt es Schräubchen, Griffe, Beschläge und Rädchen. Die willste doch immer haben. Rädchen wären ganz praktisch für ein Brett vor Tiefkühler im Keller. Die ganzen Pfandkisten musste ich letztens da weg wuchten, um die Garnelen für's Abendessen zu suchen.

Er: Ja, warum hast du das eigentlich getan? Du hättest nur ziehen müssen!

Sie: Dolle Wurst! Du hast da mindestens vier Kästen gestapelt! Die wären umgefallen. Mit 'nem Rollbrett hätte ich einfach ziehen können!

Er: Öhm, Schatz, die Kisten stehen auf einem Rollbrett.

Sie, irritiert: Ach was!

Nach der Kasse.

Sie: Hot Dog?

Er: Nee.

Sie: Sicher? Guck mal, es gibt ein Partypack. 60 Würstchen und 64 Brötchen. Sicher, dassde nich willst? Warum zeigste mir 'nen Vogel? Geht's dir noch gut?!

Er steuert den Schwedenshop an: Ich will noch Mandeltorte!

Sie: Nee, die sollten wir nicht mehr essen. Ich hab' mal gesehn, wie die gemacht wird. Geht gaa nich!

Er: So schlimm?

Sie: Ja, die ganze Butter!

Er: Egal.

Sie, getreu der Devise, widerspreche keiner Frau, sondern warte, bis sie es selber macht: Guck ma, da gibt es ein 3-für-2-Angebot. Dann nimm' doch gleich drei Stück. Packen wir dann in den Tiefkühler.

Beim Einpacken.

Er verstaut die Einkäufe und fragt: Sachma, wo ist eigentlich mein Brett geblieben?

Sie: Welches Brett?

6 Kommentare:

  1. Ich liebe diese Rubrik...mitten aus`m Leben!!!

    einen schönen Sonntag!!!
    Ute

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    1. Danke schön! Ich wünsche mal ein schönes Wochenende, ist ja schon Donnerstag ;o)

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  2. lachtränenwegwisch... das fiktionale Element war der berlinerische Slang. Alles andere hat sich bestimmt so zugetragen.

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  3. Ich kann mir absolut nicht vorstellen, welche Anteile an der Geschichte fiktiv sein sollen. So, wie ich euch kenne, ist das alles 1:1 O-Ton! ;-))

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