Ein typisches Frühstück. |
Mein Essverhalten ist darauf ausgelegt, dass ich mindestens 1.000 Kalorien essen muss wegen meiner Medikation, maximal 2.600 Kalorien essen darf, um mein Gewicht zu halten, und nicht mehr als 2.000 Kalorien essen sollte, um noch weitere 70 Kilo abzunehmen, um den ärztlich gewünschten BMI von 18 zu erreichen. Die 1.000 Kalorien waren kein Problem, die erreichte ich schon fast mit dem Frühstück. Nur die 2.000 Kalorien waren nicht zu schaffen, auch nicht die 2.600 Kalorien. Im Wochendurchschnitt lag ich bei 2.800 Kalorien, und zwar ohne Fressanfälle oder Schlemmerorgien, nur mit dem Minimum. Wenn ich mal beim Abendbrot mit anderen an einem Tisch saß, guckten die entgeistert auf meinen fast leeren Teller, während ich wiederum entgeistert über deren übervolle Teller war.
Vegetarisches Sonntagsessen: Gebackener Camembert mit Preiselbeeren, Rosmarinkartoffeln und grünen Bohnen sowie ein Berliner als Dessert. |
Morgens frühstückte ich in der Regel Magerquark mit Obstsalat, denn meistens hatte ich direkt nach dem Frühstück die erste von bis zu vier Sporteinheiten pro Tag und oft nur eine halbe Stunde Zeit für das Frühstück. Da mag ich keinen vollen Magen haben, sind Brot oder Brötchen eher schlecht. Außerdem wollte ich so selten wie möglich die fürchterliche Margarine essen, die die Klinik anbot. Butter gab's nicht, aus Kostengründen und weil ungesund. Die Margarine ist gesund, weil zugesetztes Omega 3. Ja, nee, is klaa. Es würde bessere Margarine gegeben, aber die würde mehr kosten und hätte womöglich kein zugesetztes Omega 3. Den fertigen Obstsalat hatte ich irgendwann über, als ich eine Charge erwischte, die total bitter war (an manchen Tagen waren die Obststücke teilweise auch noch gefroren). Ein, zwei Tage schnibbelte ich mir selbst Obst in den Magerquark - zum Glück hatte ich mir ein scharfes Messer besorgt - aber das hielt doch sehr auf, weil ich ja eh selten wirklich Zeit zum Frühstücken hatte. Sonntags gab's Rührei, das ich auf Schwarzbrot legte - willkommene Abwechslung zu Magerquark mit Obstsalat.
Maccaroni-Auflauf mit Tomatensauce und Vanillecreme mit Weihnachtsdeko als Dessert. |
Mittags gab's warmes Essen. Ich bin es nicht gewohnt, mittags warm zu essen, so dass es eine große Umstellung für mich war - und es gelang mir nicht wirklich, mich darauf einzustellen. Wir essen abends warm, was mir besser bekommt. Mittags esse ich normalerweise Overnight Oats, Salat oder etwas Joghurt (oder gar nichts, weil Teezeit mit dem Gatten). In der Klinik entschied ich mich meistens für das vegetarische Essen, außer, es gab Fisch. Den bekomme ich zu Hause selten, und wenn ich fremdesse, esse ich gerne Gerichte, die ich zu Hause nicht bekomme. In der Klinik gab's viel Fisch, abends auch gerne in Form von Matjes- oder Heringssalat oder Forellenfilet. Das vegetarische Essen war gut, außer am letzten Tag, als es gekochten Brokkoli mit Blumenkohl und Käse gab, dazu Hollandaise und Kartoffeln. Das war ziemlich einfallslos. Weil ich mir das beim Lesen des Speiseplans aber schon dachte, entschied ich mich für den Fisch. Mittags gab's übrigens immer eine Salatbüfett, so dass ich mich gegen die kohlehydratreichen Beilagen hätte entscheiden können.
Ein typisches Abendessen: Schwarzbrot mit Hummus und gemischtem Salat, dazu ausnahmsweise mal Thunfischsalat. |
Wenn es der Therapieplan zuließ, meldete ich mich vom Mittagessen ab und aß nur eine Banane. Einmal fuhr ich ins Dorf zum Wochenmarkt, wollte dort essen, aber der Markt besteht tatsächlich nur aus einem Gemüsestand und einem Stand für Hundefutter - ich dachte, ich hätte die Info im Internet falsch verstanden. Nach zwei Wochen meldete ich mich an den Wochenenden grundsätzlich vom Mittagessen ab und entschied spontan, ob ich Frühstück oder Abendessen wahrnahm. Von den beiden Mahlzeiten musste man sich nicht abmelden. An den Wochenenden gelang es mir trotz üppigem Frühstück und Kuchen am Nachmittag, meine Kalorien einzuhalten.
Waffel mit Kirschgrütze und Sahne im Museumskroog Dat ole Hus. |
An guten Tagen gab's abends kalte Reste vom Mittagessen (zum Beispiel Kartoffelauflauf), Nudel- oder Reissalat. Das war eine willkommene Abwechslung zum Schwarzbrot mit Kräuterquark oder Hummus (beides machte die Klinikküche selbst). Einmal holte ich mir ein Fischbrötchen, als ich ohnehin im Dorf war und der Fischhöker gerade vorm Supermarkt stand. In der Klinik wurde zwei Stunden früher zu Abend gegessen als zu Hause, und ein kaltes Abendessen macht mich nicht satt. Dementsprechend habe ich zwei Stunden später wieder Hunger. Die Handvoll Salzbrezeln oder Oliven rechnete ich natürlich in die täglichen Kalorien ein.
Von meinen persönlichen Befindlichkeiten abgesehen, ist die Klinikküche gut. Letztlich ist es ja Massenversorgung von knapp 400 Menschen, und man gab sich Mühe, auf alle Allergien oder Unverträglichkeiten einzugehen. Erstaunt war ich über das reichliche Angebot an Schweinefleisch, das ich so aus Kantinen gar nicht mehr kenne, schon gar nicht, wenn auf gesunde Ernährung geachtet wird. Wer sich halal ernährt, dürfte ähnliche Probleme haben wie Veganer, denn darauf war die Küche nicht wirklich eingestellt, aber ich bin sicher, sie macht alles möglich. Wer irgendwelche Intoleranzen hatte, erhielt natürlich auch entsprechende Verpflegung. Erstaunlich war, dass die Köche beim Binden der Saucen die gleichen Probleme haben wie ich: Sie sind entweder zu dick oder zu dünn.
Aufgrund meines Gewichts musste ich natürlich in die Ernährungsberatung - dass ich die gerade erst hinter mir hatte in Form einer sechsmonatigen Schulung, war egal. Ich lernte so sinnvolle Dinge wie das Grundnahrungsmittel keinen Zucker haben und per se gesund sind und dass man gegen Süßstoffe nicht allergisch sein kann, weil die künstlich hergestellt werden. Dusseligerweise weiß mein Körper das nicht und läuft bei Aspartam Amok. Außerdem brauche man keine Nahrungsergänzungsmittel, wenn man regelmäßig Bananen isst und sich nur von Grundnahrungsmittel ernährt. Zum Glück trage ich in ungelüfteten, vollen Innenräumen noch immer konsequent Maske, so dass niemand sah, was mein Gesicht machte. Zur Ernährungsberatung gehört auch eine Lehrküche. Ich verzichtete auf die Teilnahme, weil die Plätze da sehr begehrt sind und ich froh war, mal fünf Wochen nicht kochen zu müssen. Die, die an der Lehrküche teilnahmen, waren begeistert, und da die Lehrküche auf dem Weg zu Speisesaal lag, ich dort täglich vorbei musste, weiß ich: Es roch immer sehr lecker.
Als der Gatte die für ihn lange und anstrengende Fahrt auf sich nahm und mich drei Tage besuchte, machten wir nachmittags einen Ausflug zum Waffelessen in Dat ole Hus, einem kleinen Heimatmuseum mit Kroog. Abends aßen wir zweimal im Boxberg. Dorthin wäre ich auch gerne nachmittags zum Kuchenessen nach langem Spaziergang gefahren, aber der Dauerregen ließ mich faul werden. Dafür stricke ich inzwischen ein Paar Socken in zwei Tagen ... Einmal holten wir uns im Dorf Döner, und einmal hatten wir Kaffee und Kuchen im Klinik-Café. Der Gatte hätte auch in der Klinik essen können, aber wir wollten zeitlich unabhängig sein.
Wieder zu Hause, ging's nach dem Wochenplan des Gatten weiter: Zwei Mal gab's Würstchen-Gulasch, einmal Steaks mit Salat und Ofen-Kartoffel.
Bleibt zuversichtlich, bleibt gesund, passt auf euch und eure Lieben auf.
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