Montag, 5. September 2011

Food Porn und Blind Dates XII: Kein Silberstreif am Horizont

Fernsehen von hinten.
Während ich an der Bushaltestelle stehe, um uns Studio zur heutigen Aufzeichnung der "Topfgeldjäger", einer Kochsendung im ZDF-Nachmittagsprogramm, zu fahren, informiert mich Frau Küchenlatein funktelefonisch, dass sie den gleichen Parkplatz hat wie Heidi am Vortag. "Das ist die Glücksparklücke!", jubelt sie. "Steht die Ducati noch da?", frage ich. "Was?" - "Na, das Motorrad." - "Hier ist kein Motorrad!" - "Hat's geknirscht beim Rückwärtsfahren?" - "Bitte?!" Okay, ich vergaß: Frau Küchenlatein war die, die einparken kann. Ich bin die, die es nicht kann.

Heidi ist heute leider nicht mit dabei. Wir sind nur zu zweit und müssen keine Brust zeigen. Die T-Shirts bleiben in den Taschen. "Blind Date jagt" macht zwar Sinn, aber ohne Heidis Shirt fehlt einfach was.

Wieder nehmen wir im Aufenthaltsraum Platz. Frau Monnem ist auch da. Sie ist schon aufgehübscht für die Sendung. Ihre Kochpartnerin ist heute auch da. Sie ist jung. Sie ist blond. Sie bekam von der Maske eine BDM-Frisur verpasst. Ich frage mich kurz, was die Maske aus ihrer Hot Pants und High Heels tragenden Freundin gemacht hätte. Die wäre vermutlich in einen rosa Skianzug und Moon Boots gesteckt worden, hätte Rattenschwänzchen, Kippe und Kaugummi bekommen.

Frau Monnem sagt mit Blick auf ihre Kochpartnerin abschätzig: "Die kann gar nicht kochen". Ich verkneife mir die Frage, warum sich die beiden bewarben. Frau Monnem hat Mitleid mit unseren Mädels. Den ginge es ja heute total schlecht. Die Nerven! Und gestern hätten sie gaaaanz lange in der Lobby gesessen und Kochbücher gewälzt, weil sie nicht wussten, was sie kochen sollen. Richtig verzweifelt seien sie. Ich bin irritiert. Sprechen wir von den gleichen Frauen? Die, die ich kenne, machen sich frühstens beim Frühstück Gedanken, was sie mittags kochen wollen und wälzen Kochbücher höchstens, um sich die Signaturen der jeweilige Köche zu zeigen. Hm.

Die haben gerade Pause.
Kurze Zeit später laufe ich beim Verlassen der Toilette in Bushi. Ich erkenne sie nicht. Die Maske hat sie total verunstaltet. Und sie ist blaß. Himmel hilf! Was ist da los? Wir drücken uns kurz, für mehr ist keine Zeit.

Im Aufenthaltsraum sind inzwischen zwei Checker eingetroffen. Die machen auf mächtig dicke Hose. Einer fragt uns gönnerhaft, ob wir gleich kochen. Wir verneinen. De Depp mit de Käpp neben ihm schlussfolgert: "Dann wartet Ihr auf Eure Männer!" - "Nein." - ??? - "Wir warten auf unsere Frauen." Sie sind irritiert. Später stellen wir fest: Die Checker sind eigentlich ganz lieb. Die wollen nur spielen. Und sie wissen inzwischen, dass sie mächtig froh sein können, dass sie nicht gegen Bushí und Heike kochen werden. Sondern gegen Frau Monnem und das Blondchen.

Sympathischer sind uns da schon die zwei Frauen und ein Mann, mit denen wir rasch die Sofa-Landschaft teilen. Ihre Männer treten als "Silberstreifen" gleich gegen unsere Mädels an. Die Stimmung zwischen uns ist entspannt. Sie wissen, was ihre Männer können. Wir wissen, was unsere Frauen können. Gemeinsame Grundeinstellung: Es ist in Ordnung, gegen jemanden zu verlieren, der besser ist. Gemeinsame Hoffnung: Hoffentlich sind jeweils die Unsrigen besser. Als wir kurze Zeit später zusammen auf der Tribüne sitzen, wünschen wir uns gegenseitig Glück.

Pütt un Pann.
Die Teams kommen ins Studio. Frau Küchenlatein stellt fest: "Bushi klappt gleich zusammen!" Ich nicke angespannt. Ihre Oberlippe zittert. Sie ist total blass, was angesichts einer Tonne Farbe im Gesicht eine Leistung ist, aber keine gute. Heike wirkt auch angespannt, als sie uns im Publikum sucht, findet, lacht und winkt.

Die Menüs werden vorgestellt. Frau Küchenlatein neben mir zieht Luft ein und raunt: "Wenn die das schaffen ...", als vorgelesen wird, was die Jungs vorhaben. Hmm. Wenn den Jungs alles gelingt, was sie planen, sehen unsere Mädels alt aus. Die Mädels setzen auf Handwerk mit Räucherforelle mit Zuckerschoten, Roastbeef mit Madeirasauce und Weizengrieß, gefolgt von einem Zwetschgentörtchen. Die Jungs setzen auf kulinarisches Basteln mit Spinatfisch auf Aubergine und Crêpe mit Pflaumen zum Nachtisch. Ihren Hauptgang habe ich vergessen, erinnere nur noch selbstgemachte Nudeln. Wenn das man gut geht.

Die Aufzeichnung zieht sich wie ein Kaugummi. Es ist unerträglich. Wie in Zeitlupe. Diesmal bin ich mehr auf die Jungs konzentriert. Was mag Spinatfisch sein? Die werfen die Räucherforelle mit dem Spinat in den Mixer. Ich fasse es nicht. Das Ergebnis sieht aus wie das, was die Nachbarskatze aus Protest im geöffneten nachbarlichen CD-Spieler hinterließ, als ich eine Tablette in sie stopfen musste. Erstaunlicherwiese wird Rosin später sagen, dass es schmeckt. Also nicht die nachbarliche Katzenkotze. Sondern der Spinatfisch. Ich hab' den Silberstreifen versprochen, dass ich den Spinatfisch auf Aubergine mal ausprobieren werde. Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass das schmeckt..

Arthurs Tochter möchte ihre abgegebenen Löffel
 an ungewöhnlichen Orten sehen. Bitte schön.
Die Silberstreifen machen Nudelteig. "Ich glaub', ich kann mich entspannen", meint Frau Küchenlatein neben mir. "Hä?" - "Die sind aus der Zeit. Das schaffen die nicht. Die Mädels sind weiter. Ganz sicher." Hm. Als ich die dicken Nudeln sehe, werde auch ich vorsichtig optimistisch. Die werden in der verbleibenden Zeit kaum gar, denn das Wasser kocht noch nicht.

Aber die Silberstreifen sind auch coole Säue. Einer schneidet sich in den Finger. Heftig. Und es kommt und kommt kein Pflaster. "Pflaster! Denk' an Pflaster!", befiehlt Frau Küchenlatein. Kein Problem. Ich habe welches in der Tasche. Ich komme hier nur gerade nicht raus. Und: Ich muss  mal. Dringend. Meine Nerven. Und die Sendung zieht sich. Und zieht sich. Aber der Silberstreif kocht einfach weiter. Später sagt er zu mir, er hätte sich Tape in die Tasche stecken sollen. Er wollte den Finger in den Pfeffer stecken, aber dafür war nicht genug in der Mühle. Schließlich wird er verarztet. Sogar mehrfach. In der nachfolgenden Aufzeichung wird er nämlich so stark klatschen, dass ein neuer Verband fällig wird.

Die Zeit ist um. Die Mädels bekommen mit Mühe alle Teller nach vorne. Bei den Jungs ist der Crêpe abgeschmiert. Aber sie haben auch alle drei Teller vorne. Nur den dritten halt ohne Crêpe. Rosin schreitet zur Tat. Die Mädels bekommen Pluspunkte, weil die Zuckerschoten auf zweierlei Art zubereitet sind. Polenta und Dessert gefallen ebenfalls. Aber auch die Gerichte der Silberstreifen sagen zu. Die Entscheidung wird knapp. Wieder entscheidet das Dessert. Die Mädels sind eine Runde weiter.

Silberstreifen und Blind Dates
Im kurzfristig leeren Aufenthaltsraum bittet Frau Küchenlatein um was Starkes. Die Hostess begreift, dass kein Kaffee gemeint ist und bedauert, sie habe nur Bier oder Prosecco. "Prosecco. Doppelt", ordert Frau Küchenlatein. Wir fallen auf die Sofa-Landschaft. "Meine Nerven!" stöhnt Frau Küchenlatein. "Egal wie, die nächste Aufzeichnung ist die letzte, oder?" - "Na ja, es könnte auch unentschieden werden. Dann müssen die Mädels heute noch ein drittes Mal 'ran." - Sie japst: "Das tun die uns nicht an, oder?" Ich hoffe nicht.

Die Silberstreifen kommen in den Aufenthaltsraum. Sie sind erschlagen vom Kochkönnen der Mädels. Und sie sind gute Verlierer. "Gegen die beiden verloren zu haben, ist keine Schande", lautet das Fazit. Bescheidene Frage an uns: "Meint Ihr, die beiden haben hinterher noch Zeit für ein Foto?" Klar. Und als ich höre, woher die Jungs kommen, verspreche ich auch gemeinsames Kochen. Kochbekloppte sind ja mobil.

Wie's weitergeht, erfährst Du am 6. September um 15.05 Uhr im ZDF. Und im Anschluss wieder hier im Blog.

Weitere Topfgeldjäger-Berichte bei Hamburg kocht!:
Vorbericht von 31. August 2011
Topfgeldjäger am 1. September 2011
Topfgeldjäger am 2. September 2011
Topfgeldjäger am 5. September 2011
Topfgeldjäger am 6. September 2011

Frau Küchenlateins Blind Dates

Topfgeldjäger-Berichte von denen, die kochten:
Bushcooks Kitchen:
Erst das Vergnügen, dann die Arbeit
Warum?
Durchschnaufen
Finale
Nachlese

Heike Essen von Au:
Warenkorb vom 1. September 2011
Warenkorb vom 2. September 2011
Wochenende
Finale
Nachlese

3 Kommentare:

  1. Mensch, ohne deine Insidergeschichten wäre der ganze Irrsinn nur halb so schön.

    Die Männer waren ja so putzig, ich fand die auch total nett und entspannt. Wie schön, "mer mott och jönne könne", den Spruch kennen sie anscheinend. Heute war es aber auch toll, Heike und Bushi haben wirklich super gekocht. Und mir ist gar nicht aufgefallen, dass Bushi so nervös war. Ich fand sie ganz entspannt. Siehste, gut, dass ich hier die ganze Wahrheit hinter den Kulissen mitbekomme. Boah, was bin ich jetzt gespannt auf morgen.

    Ich freu mich drauf - bin dann wieder hier, danach. Falls ich dann überhaupt noch tippen kann.

    AntwortenLöschen
  2. Langsam kann ich die Aufregung gut nachvollziehen, von der Ulrike und Du berichtet haben. Allerdings frage ich mich mittlerweile auch, wie wahnsinnig man sein muss, um gegen Heike und Bushi anzutreten.

    AntwortenLöschen
  3. Ich muss mich wirklich auch mal für deine Unterstützung während der Sendung als auch für deine tollen Berichte bedanken.

    Ohne dich/euch wär es nur halb so schön gewesen!

    AntwortenLöschen

Ein Kommentar, wie schön! Ich bemühe mich, alle Kommentare zu beantworten. Allerdings kann das manchmal etwas dauern - das Leben neben dem Blog, Du verstehst. Wenn Du Dich durch eine Sicherheitsabfrage quälen musst oder der Kommentar erst moderiert wird, heißt das, dass es gerade viele Spamkommentare gibt. Last but not least: Ich behalte mir vor, einzelne Kommentare zu löschen.